07.03.2024

Es funktioniert! Erfolgreiche Tests der AMAG und der Empa mit synthetischem Treibstoff

Die AMAG Classic und die Empa haben gemeinsam eine detaillierte und wissenschaftlich fundierte Untersuchung zur Verträglichkeit von synthetischem Benzin in Oldtimerfahrzeugen durchgeführt. Über ein Jahr lang wurden Motorenkomponenten getestet und Fahrversuche mit ausgewählten Oldtimern gemacht. Das Ergebnis: Auch Klassiker können zukünftig klimaschonend betrieben werden, denn synthetisches Benzin kann in älteren Motoren bedenkenlos verwendet werden.

Es funktioniert! Erfolgreiche Tests der AMAG und der Empa mit synthetischem Treibstoff

Die AMAG Classic hat zusammen mit der Empa über 12 Monate synthetische Treibstoffe in Realversuchen getestet, unter anderem mit einem VW Golf aus dem Jahr 1978.

Die AMAG Gruppe hat die Ambition, bis 2040 einen klimaneutralen Fussabdruck zu erreichen und unterstützt mit einem Klimafonds Schweizer Unternehmen, die Technologien oder Geschäftsmodelle zur Dekarbonisierung der Mobilität entwickeln. Aus diesem Grund ist die AMAG Gruppe seit einigen Jahren am Schweizer Unternehmen Synhelion beteiligt. Dieses hat eine Technologie entwickelt, mit Sonnenwärme Solartreibstoffe zu produzieren. In diesem Jahr wird Synhelion die erste Produktionsanlage in industrieller Grösse in Betrieb nehmen. Helmut Ruhl, CEO der AMAG Gruppe ordnet ein: «Der Antrieb der Zukunft im Pkw-Bereich werden grossmehrheitlich batterieelektrische Fahrzeuge sein. Der Verbrennungsmotor wird aber noch viele Jahre eine wichtige Rolle in der Schweizer Mobilität spielen, nicht nur bei Oldtimern. Gemäss einer Studie der Empa werden 2040 noch rund zwei Millionen Verbrenner auf Schweizer Strassen unterwegs sein. Wenn es gelänge, diese mit CO2 neutralem Treibstoff zu betreiben, würden die CO2-Emissionen fast 10% niedriger sein. Weltweit können synthetische Treibstoffe einen relevanten Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen leisten und ein Unternehmen wie Synhelion mit neuen Technologien den Wohlstand von morgen in der Schweiz sichern.»  

 

Synthetische Treibstoffe (Synfuels) sind ein vielversprechender Ansatz, um in Zukunft Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor erneuerbar und klimaschonend zu betreiben. Für moderne Modelle können diese gemäss Herstellerangaben grundsätzlich ohne Bedenken verwendet werden. Aber wie steht es um die Verträglichkeit in Oldtimermotoren? «Auch wenn es vereinzelt Berichte gab, dass ein Oldtimer problemlos mit Synfuels betrieben worden sei und die Fahrzeughersteller die Freigabe für die aktuellen Modellpaletten gaben, waren uns keine fundierten Studien bekannt, die die Verwendung von Synfuels in Oldtimermotoren im Detail untersuchten», erklärt Dino Graf, der bei der AMAG auch für den Bereich Classic verantwortlich ist: «Für uns war klar, dass sich die Mehrheit der Besitzer von wertvollen Klassikern nicht auf Abenteuer mit unerforschtem Treibstoff einlassen würden.»

 

Genau diese Frage beantwortete die erste in der Schweiz durchgeführte wissenschaftlich fundierte Untersuchung: Auch in Motoren von Young- und Oldtimern ist der Einsatz von Synfuels absolut problemlos möglich. Dieser erfreuliche Befund geht aus umfangreichen Versuchen und Tests hervor, welche die Empa, das interdisziplinäre Forschungsinstitut für Materialwissenschaften und Technologie der ETH-Bereichs, in enger Zusammenarbeit mit AMAG Classic, unterstützt von der Motorex AG, durchgeführt hat.

 

In der Testreihe, die über ein Jahr dauerte, ging es darum, verlässliche, wissenschaftlich fundierte Aussagen machen zu können, wie sich die verschiedenen Komponenten eines Motors und vorgelagerte Komponenten verhalten, wenn sie synthetischem Benzin ausgesetzt werden. Dabei wurden fossiler 98-Oktan-Treibstoff als Referenzbenzin und ein biosynthetisches 98-Oktan-Benzin, das aus erneuerbarem Methanol hergestellt wird, als Vergleichstreibstoff verwendet – und zwar in einem VW Golf I mit einem 1.5-Liter-4-Zylindermotor (Erstinverkehrssetzung 1978) und in einem Chrysler Valiant mit einem 3.7-Liter-6-Zylindermotor (Erstinverkehrssetzung 1971).

 

Am Anfang der Testreihe wurden ausgewählte Komponenten zwischen Tank und Motor dem synthetischen Benzin direkt ausgesetzt, um Oberflächenveränderungen, Auflösungserscheinungen, Quellen des Materials, usw. zu untersuchen. Dabei wurden an den untersuchten Bauteilen im beobachteten Zeitraum keinerlei physisch, haptisch oder optisch erfassbaren Veränderungen festgestellt, so dass deren Kontakt mit dem Testkraftstoff als unproblematisch bewertet werden kann. Untersucht wurden unter anderem verschiedene Dichtungen, Vergaser, Tankgeber; Treibstoffschläuche und Kunststoffteile wie Vergaserschwimmer, Benzinfilter oder Tankdeckel. Auch am Benzintank, wie bei klassischen Fahrzeugen üblich aus Stahlblech, zeigten sich nach Abschluss der Beobachtungszeit keine Korrosionserscheinungen oder andere sichtbare Veränderungen an den Innenwänden.

 

Das Abgasverhalten wurde an einem im Vergleich zu den Oldtimerfahrzeugen zwar wesentlich moderneren, dafür aber auch deutlich emissionsstabileren VW Jetta untersucht. In drei aufeinanderfolgenden WLTP-Abgasmessungen (WLTP = Worldwide Harmonized Light Duty Test Procedure) pro Treibstoff wurden die reglementierten Abgasemissionen und der Benzinverbrauch ermittelt. Die Abgasemissionen mit bio-synthetischem Benzin unterscheiden sich dabei nicht von denen mit dem fossilen Referenzkraftstoff. Bei den Partikelemissionen ergibt sich bei der simulierten Autobahnfahrt mit Synfuel ein leichter Trend in Richtung geringerer Emissionen. Schliesslich zeigen die Ergebnisse mit beiden Treibstoffen sowohl beim volumetrischen Benzinverbrauch wie auch beim energetischen Verbrauch keine messbaren Unterscheide.

 

Für die Radleistungsmessung auf einem Ein-Achs-Rollenprüfstand der Empa kam der VW Golf zum Einsatz. Das Fahrzeug wurde auf dem Rollenprüfstand mit beiden Treibstoffen einer statischen sowie einer dynamischen Leistungsmessung unterzogen. Mit beiden Treibstoffen erreichte der Golf annähernd die gleiche statische Radleistung, und auch bei der dynamische Radleistungsmessung kamen keinerlei Unterschiede zwischen den beiden Treibstoffen zutage.

 

Mit den beiden Veteranenfahrzeugen Chrysler Valiant und VW Golf wurden umfangreiche Testfahrten durchgeführt. Hinter dem Lenkrad sassen Mitarbeitende von AMAG Classic, welche die Test-Fahrzeuge gut kennen und deshalb in der Lage waren, allfällig subjektive Fahreindrücke im Vergleich zum fossilen Referenzbenzin richtig einzuordnen. Mit dem VW Golf wurden insgesamt 3369 km und mit dem Chrysler Valiant 2862 km mit bio-synthetischem Benzin zurückgelegt. Die Fahrten bestanden in beiden Fällen aus einem gemischten Betrieb mit bis zu 150 km Autobahnfahrten, Kurzstrecken von 500 m bis 15 km und ebenfalls längeren Standzeiten, wie dies für Oldtimerfahrzeuge üblich ist.

 

Auch Fahrten im Alpenraum wurden durchgeführt; mit dem Chrysler Valiant beispielsweise im Engadin und über den Flüelapass. Spürbare Unterschiede zum Betrieb mit fossilem Benzin wurden nicht festgestellt, einzig trat bei beiden Fahrzeugen ein leicht anderer Geruch der Abgase auf, der jedoch nicht als störend empfunden wurde. Die Kohlenmonoxid (CO)-Messungen sowie auch die Begutachtung des Zündkerzenbildes zeigten ebenfalls keine Auffälligkeiten.

 

Während und nach den Versuchsfahrten wurde das Motorenöl in einem zusammen mit den Verantwortlichen von Motorex abgestimmten Verfahren entnommen und getestet. Das verwendete Motorenöl von Motorex, welches für den Einsatz in Klassikern entwickelt wurde, zeigte die erwartete Viskositätsabnahme, die in diesem Rahmen als unkritisch eingestuft werden konnte.

 

Am auffälligsten war bei einem der beiden Autos der Anstieg des Eisen- und Bleianteils im Motorenöl. Während dieser beim VW Golf im erwarteten Rahmen verlief, waren die Werte beim Chrysler Valiant zunächst ungewöhnlich hoch. Deshalb führte die Empa zusammen mit AMAG Classic weitere Untersuchungen und mit einem zusätzlichen Vergleichsfahrzeug mit Normalbenzin zusätzliche Tests durch. Nach diesen Tests konnte ein direkter Zusammenhang mit der Verwendung von Synfuel ausgeschlossen werden.

 

Christian Bach, Abteilungsleiter Fahrzeugantriebssysteme der Empa, sagte nach der Testserie: «In der Theorie war zwar zu erwarten, dass auch klassische Fahrzeuge mit alten Motoren mit Synfuels funktionieren würden. Doch manchmal hält die Praxis die eine oder andere Überraschung bereit. Erfreulicherweise blieben diese hier grösstenteils aus. Wir konnten keine relevante Veränderung bei den Komponenten, der Leistung oder den Abgasemissionen feststellen. Einzig die Resultate der Öluntersuchungen machten uns zu Beginn etwas stutzig. Während die leichte Abnahme der Viskosität aus technischen Gründen zu erwarten war, hat uns der Anstieg des Blei- und Eisenanteils zu Beginn überrascht. In weiteren Abklärungen konnten wir aber eine Beeinflussung des biosynthetischen Benzins auf diesen Befund Schritt für Schritt ausschliessen. Biosynthetisches Benzin weist aufgrund seiner molekularen Struktur eine leicht höhere Löslichkeit als fossiles Benzin auf. Diese Löslichkeit kann Ablagerungen, die sich im Motor im Laufe des jahrzehnte-langen Betriebs mit verbleitem Benzin angesammelt haben, lösen.»

 

Dino Graf ergänzt: «Ich hoffe, wir können mit dem wissenschaftlichen Versuch Oldtimerfans motivieren, Synfuels für ihre Fahrzeuge zu verwenden, wenn dieses in den kommenden Jahren lieferbar sein wird. Wir werden dieses Jahr die ersten Mengen Solarbenzin von Synhelion übernehmen und für unsere Klassiker einsetzen. Denn, das wissen wir seit heute: Es funktioniert!» (pd/ir)

 

www.amag.ch

www.empa.ch

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