15.09.2025

AXA Mobilitätstacho zeigt: Mobilitätswende in Gefahr

Die Schweiz entfernt sich vom Elektroauto: Während die Kaufbereitschaft für Autos insgesamt wieder steigt, lehnen 30 Prozent E-Fahrzeuge grundsätzlich ab – Tendenz unverändert. Gefragt bleiben deutsche Marken, doch bei E-Autos holen chinesische Hersteller rasant auf. Skepsis herrscht dagegen bei Zukunftstechnologien wie dem automatisierten Fahren, vor allem aus Sorge um die Datensicherheit.

Die Kaufabsicht für Elektroautos stagniert auf tiefem Niveau, wie der neueste AXA Mobilitätstacho des Forschungsinstituts Sotomo zeigt: 24 Prozent der Personen, die in den nächsten zwei Jahren einen Autokauf planen, möchten sich ein Elektroauto anschaffen. Das sind fast genau gleich viele wie im Jahr zuvor (23 %) und deutlich weniger als vor zwei Jahren (34 %). Auch die grundsätzliche Offenheit gegenüber Elektroautos hat in den letzten zwei Jahren abgenommen: 2023 war für 61 Prozent der Befragten ein Elektroauto eine Option, für 25 Prozent hingegen unter keinen Umständen. Dieses Jahr können sich noch 59 Prozent ein Elektroauto grundsätzlich vorstellen, gar 30 Prozent lehnen es mittlerweile kategorisch ab.

 

Vorbehalte gegenüber der Elektromobilität nehmen zu

Während die Beliebtheit von Plugin-Hybriden deutlich steigt, scheinen die bisherigen technologischen und preislichen Fortschritte von reinen Elektroautos nicht ausgereicht zu haben, um die Vorbehalte gegenüber der Antriebstechnologie aus dem Weg zu räumen. Gegenüber dem Vorjahr haben sie tendenziell sogar noch zugenommen. Personen, die eher zu einem Hybrid oder Verbrenner tendieren, sehen folgende Bereiche, in denen sich die Elektromobilität verbessern müsste, damit ein Elektroauto für sie in Frage käme: Reichweite (56 % sehen darin Verbesserungsbedarf, das sind 6 % mehr als letztes Jahr), Kaufpreis (51 %), und Lademöglichkeiten (49 %).

 

E-Occasionsmarkt hinkt weiter hinterher

Dem hohen Kaufpreis entgegenwirken könnte der Kauf eines Occasion-Elektroautos. Doch dem Gebrauchtkauf von Elektroautos steht die Bevölkerung nach wie vor skeptisch gegenüber. Zwar ist der Anteil der angehenden Elektroauto-Kaufenden, die sich einen Gebrauchtkauf klar vorstellen können oder sogar schon einen getätigt haben, seit letztem Jahr von 33 auf 39 Prozent gestiegen. Dieser Wert bleibt jedoch deutlich hinter demjenigen von Verbrennern zurück, wie der letztjährige Mobilitätstacho gezeigt hat: Rund vier von fünf Verbrenner-Kaufinteressierten können sich einen Occasionskauf vorstellen oder haben bereits entsprechende Erfahrungen gemacht.

Diese Diskrepanz zeigt sich auch beim Blick auf die konkreten Kaufpläne von Personen, die in den nächsten zwei Jahren ein Auto anschaffen wollen. Während 55 Prozent jener, die einen Verbrenner kaufen möchten, den Kauf über den Occasionsmarkt planen, sind es bei den E-Auto-Interessierten lediglich 19 Prozent.

Für die Skepsis gegenüber dem Gebrauchtkauf von E-Autos gibt es insbesondere zwei Gründe: Erstens haben viele Menschen Bedenken, dass sie den Batteriezustand nicht akkurat überprüfen können. Zweitens entwickelt sich die E-Auto-Technologie derzeit rasch weiter.

 

Image von Elektroautos fällt hinter Verbrenner zurück

Auch das Image der Elektromobilität scheint zu leiden. Vergangenes Jahr hatten noch 60 Prozent das Image von Elektroautos in der Bevölkerung positiv oder eher positiv eingeschätzt. Ein Jahr später sind es noch 51 Prozent. Die Einschätzung des Images von Verbrennern hingegen bleibt mit 62 Prozent positiv stabil. Der Anteil der Personen, die glaubt, dass Elektroautos auf Schweizer Strassen niemals die Mehrheit gegenüber Verbrennern stellen werden, nimmt ebenfalls zu (von 17 % im Jahr 2023 auf 26 % im Jahr 2025).

 

Politische Förderung hat es schwer

«Trotz diesen offensichtlichen Durchsetzungsschwierigkeiten von Elektroautos befürwortet weiterhin nur eine Minderheit von 38 Prozent eine stärkere politische Förderung der Antriebstechnologie – das sind sogar vier Prozent weniger als im Vorjahr», erklärt Michael Hermann, Leiter von Sotomo. Umgekehrt gibt es aber auch keine Mehrheit, die findet, die Fördermassnahmen sollten reduziert werden. Nur 34 Prozent sind dieser Meinung. 28 Prozent finden die derzeitigen Fördermassnahmen angemessen. Ein Verbot von Neuzulassungen von Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2035, wie es die EU beschlossen hat, ist in der Schweiz unbeliebt. Rund zwei Drittel sprechen sich dagegen aus, nur 28 Prozent befürworten es. Vor zwei Jahren waren es noch 37 Prozent.

 

 

Deutsche Fabrikate unangefochten an der Spitze

Während der Elektromobilitätsmarkt weiter auf den Aufwärtstrend wartet, scheint es beim Automarkt generell zu einer Trendwende zu kommen: Nachdem seit der Coronapandemie deutlich weniger Autos neu in Verkehr gesetzt wurden, ist der Anteil an Personen, die innerhalb der nächsten zwei Jahre ein Auto kaufen wollen, seit 2023 von 22 auf 34 Prozent im Jahr 2025 gestiegen. 

Freuen dürfte dies nicht zuletzt das Autoland Deutschland. Unser nördlicher Nachbarstaat bleibt in der Schweiz nach wie vor das beliebteste Herkunftsland für Autos, unabhängig von der Antriebstechnologie. Grund dafür ist insbesondere, dass deutschen Autos hohe Qualität und ansprechendes Design zugeschrieben wird. Unter den potenziellen Elektroauto-Käuferinnen und -Käufern liegt der Anteil jener, die sich ein deutsches Modell vorstellen können, mit 82 Prozent sogar höher als bei den Verbrenner-Kaufinteressierten (75 %). Im Vergleich mit anderen Herstellerländern schneiden deutsche Autos beim Preis-Leistungs-Verhältnis allerdings merklich schlechter ab.

 

China holt auf

Einen grossen Schritt nach vorne haben chinesische Elektroauto-Hersteller gemacht. Ihre Bekanntheit ist gestiegen, die Skepsis ihnen gegenüber gesunken. Innert einem Jahr hat sich die Zahl jener, die sich den Kauf eines chinesischen Elektroautos vorstellen kann von 17 auf 36 Prozent mehr als verdoppelt. Auch der Anteil der Personen, die angeben, einen chinesischen Automobilhersteller zu kennen, ist gestiegen, von 23 Prozent im Jahr 2024 auf 35 Prozent im Jahr 2025. «Das hängt vor allem mit der Marke BYD zusammen, die ihre Bekanntheit hierzulande deutlich zu steigern vermochte», so Michael Hermann.

Stärkstes Argument für ein Elektroauto aus China ist nach wie vor der Kaufpreis. Er ist für 83 Prozent der Personen, die sich den Kauf eines chinesischen Elektroautos vorstellen könnten, (Mit-)Grund dafür, gefolgt von der Reichweite (49 %), der Ladezeit (39 %) und den digitalen Funktionen (37 %). Als nachteilig werden chinesischen Elektroautos (weiterhin) politische Differenzen zur Regierung und schlechte Arbeitsbedingungen ausgelegt. 

Den gegenteiligen Trend durchleben Elektroautos aus den USA. Während sich 2024 noch ein Drittel den Kauf eines amerikanischen Elektroautos vorstellen konnte, sind es in diesem Jahr nur noch 22 Prozent. Die Entwicklungen in China und den USA veranschaulichen, wie dynamisch der Elektroautomarkt derzeit ist, erklärt Michael Hermann: «Nicht allein technische Merkmale oder der Preis spielen eine Rolle, sondern auch die Markenbekanntheit und politische Vorbehalte.»

 

Grosse Skepsis gegenüber autonomem Fahren

Nebst der Antriebstechnologie wird das automatisierte Fahren in der Autobranche heiss diskutiert. Fahrerassistenzsysteme haben sich in den letzten Jahren technologisch stark weiterentwickelt und eine klare Mehrheit der Bevölkerung (68 %) ist der Ansicht, dass solche Systeme die Sicherheit von Autofahrenden klar oder eher verbessert haben. 

Während die bisherigen technologischen Fortschritte im Bereich der Fahrassistenzsysteme von der Bevölkerung positiv bewertet werden, besteht eine grosse Skepsis gegenüber weiteren Automatisierungsschritten hin zum autonomen Fahren. Weniger als die Hälfte der Bevölkerung (43 %) befürwortet die Zulassung von bedingt automatisierten Fahrzeugen. «Dabei handelt es sich um Fahrzeuge, die in bestimmten Fahrsituationen (z.B. auf Autobahnen) selbständig fahren können, wobei die Person am Steuer jederzeit in der Lage sein muss, die Kontrolle wieder zu übernehmen, wenn das Fahrzeug sie dazu auffordert – auch Stufe 3 der Automatisierung genannt», erklärt Jérôme Pahud, Leiter Mobilitätsversicherungen und Mitglied des AXA Kompetenzzentrums Mobilität. «Solche Fahrzeuge wären in der Schweiz seit März dieses Jahres theoretisch erlaubt», ergänzt er. Besonders ältere Menschen sowie Frauen zeigen sich skeptisch.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bezüglich der Entwicklung von autonomen Fahrzeugen (Automatisierung Level 5). Solche Fahrzeuge übernehmen alle Fahraufgaben vollumfänglich, sodass von Start bis Ziel keine Handlungen der Person am Steuer erforderlich sind. 62 Prozent der Bevölkerung sind dagegen, dass diese Technologie entwickelt und der breiten Bevölkerung zugänglich gemacht wird, 38 Prozent sprechen sich dafür aus. 

 

Weniger Stau, mehr Unfälle

39 Prozent nennen einen flüssigeren Verkehr, bzw. die Reduktion von Staus, als Hauptvorteil von bedingt automatisierten sowie von vollständig autonomen Fahrzeugen. 28 Prozent sehen bei bedingt automatisierten Fahrzeugen jedoch gar keinen Vorteil, bei autonomen Fahrzeugen sind es sogar 35 Prozent.

Umgekehrt geben lediglich drei Prozent der Befragten an, keine Bedenken bezüglich automatisierter oder autonomer Fahrzeuge zu haben. Am meisten Befragte sehen das Risiko von Unfällen wegen Fehlentscheidungen in komplexen Verkehrssituationen als einen der grössten Nachteile von bedingt automatisierten (66 %) oder autonomen Fahrzeugen (68 %). Je 57 Prozent sehen eine Unklarheit bezüglich der Haftung bei Unfällen als Problem. Rund die Hälfte sieht die Gefahr von Cyberangriffen als Nachteil. 

 

Cyberangriffe auf Fahrzeuge befürchtet

Die zunehmende Automatisierung von Autos hat zur Folge, dass für deren Nutzung immer mehr Daten benötigt werden. Das birgt Risiken bezüglich Datensicherheit. «Eine deutliche Mehrheit der Autobesitzenden sorgt sich folglich darum, dass ihre Fahrzeugdaten durch einen Cyberangriff missbraucht werden könnten», sagt Michael Hermann. 20 Prozent schätzen dieses Risiko als hoch ein, weitere 47 Prozent als eher hoch. Zudem geben fast drei Viertel der Befragten an, wenig oder gar kein Vertrauen zu haben, dass Autohersteller die Daten ihrer Kundinnen und Kunden sicher und im Einklang mit den Datenschutzbestimmungen behandeln. Bezüglich beider Risiken – Cyberangriffe und Datenmissbrauch – sind Jüngere und Elektroauto-Besitzende weniger häufig besorgt als Ältere und Verbrenner-Nutzende.

 

www.axa.ch 

 

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