Ukraine-Krieg: Deutsche Autohersteller stoppen ihre Produktionen
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Der Krieg Russlands gegen die Ukraine führt dazu, dass sowohl BMW als auch Volkswagen ihre Produktionen stoppen müssen. Der Grund ist ein Mangel der Bordnetzen.
Die Fertigung im russisches PW-Werk Moscovia von Mercedes-Benz in der Nähe von Moskau wurde gestoppt.
Als Russland am 24. Februar 2022 in der Ukraine einmarschierte, schloss der Autozulieferer Leoni vorsorglich seine beiden Werke in den Städten Stryji und Kolomyja. Zuvor haben in den west-ukrainischen Leoni-Fabriken rund 7000 Mitarbeiter Bordnetzsysteme für Autos hergestellt. Ebenso wie andere internationale Zulieferer mit Standorten in der Ukraine, darunter Nexans, Yazaki, Sumitomo, Aptiv, oder Kromberg & Schubert.
Den Autoherstellern fehlen jetzt sehr kundenspezifische Teile, die sie nicht aus Lagerbeständen oder anderen Fabriken ersetzen können. Denn die Zulieferer sind Anbieter von Produkten für das Energie- und Datenmanagement in der Autoindustrie – und sie liefern ausschliesslich «just-in-time». Vor allem Volkswagen und BMW trifft der Produktionsausfall besonders hart. Schon in wenigen Tagen werden gravierende Engpässe erwartet.
Wie BMW mitteilt, werde die Fertigung im grössten europäischen Werk im bayrischen Dingolfing sowie im Stammwerk in München in der kommenden Woche komplett ausfallen, wie die Automobilwoche berichtet. Auch die Produktion von Motoren im österreichischen Steyr, sowie die Bänder von MINI in Oxford stünden ab kommendem Montag, den 7. März 2022 für mindestens eine Woche still, so der Premium-Hersteller weiter. Wie lange die Produktion gestoppt sei, ist noch offen.
Der Grund sind fehlende Kabelbäume aus der West-Ukraine, die vom Nürnberger Zulieferer Leoni, dort produziert werden. Komplett gestoppt ist die Produktion im Werk in Kaliningrad. Dort fertigt BMW zusammen mit seinem Partner Avtotor nicht nur den 5er BMW, sondern auch die SUV-Modelle X5, X6 und X7. Die Produktion vor Ort und der Export nach Russland sei aufgrund der «geopolitischen Situation» bis auf weiteres eingestellt, liess BMW verlauten.
Ein Krisenstab von BMW führt aktuell intensive Gespräche mit den Zulieferern, um die Versorgung über alternative Produktionsstandorte zu sichern und die Fertigung schnellstmöglich wieder anlaufen zu lassen.
Zuerst hatte der VW-Konzern auf die Versorgungslücke aus der Ukraine reagiert und Kurzarbeit in seinen Werken in Dresden und Zwickau angeordnet. Jetzt weitet sich der Engpass auf die grossen Fahrzeugwerke von VW in Westdeutschland aus. So soll das Wolfsburger Stammwerk von der kommenden Woche an nur noch eingeschränkt produzieren. In der übernächsten Woche, dürfte die Fertigung komplett ruhen.
Auch für die Nutzfahrzeugfabrik in Hannover rechnet VW von der kommenden Woche an mit Produktionsstillständen. Der Standort Emden dürfte ebenfalls betroffen sein, allerdings steht die Planung dort noch nicht fest.
Wegen Lieferengpässen hat auch Porsche im Werk Leipzig den Bau von Autos unterbrechen. Die Fabrik sei gezwungen, die Produktion von Mittwochnachmittag, den 2. März 2022, an zunächst bis zum Ende der kommenden Woche auszusetzen, teilte ein Sprecher mit. Dort werden die Modelle Macan und Panamera gebaut. Für die 2500 betroffenen Beschäftigten werde Kurzarbeit beantragt.
In Stuttgart-Zuffenhausen, wo der Taycan und der 911 gebaut werden, wird laut Mitteilung die Produktion in dieser Woche noch aufrechterhalten. «Die weiteren Schritte erfolgen in einem geordneten Prozess. In den kommenden Tagen und Wochen werden wir auf Sicht fahren und die Lage kontinuierlich neu bewerten», heisst es in der Mitteilung. Das Problem sind auch bei Porsche die fehlenden Kabelbäume aus der Westukraine.
Porsche schreibt weiter: «Der Volkswagen-Konzern blickt mit grosser Sorge und Betroffenheit auf die Situation in der Ukraine.» Man hoffe auf eine schnelle Einstellung der Kampfhandlungen und eine Rückkehr zur Diplomatie. «Wir sind überzeugt, dass eine nachhaltige Lösung des Konflikts nur auf Grundlage des internationalen Rechts erfolgen kann.» Bei allen Aktivitäten vor Ort stehe die Sicherheit und Unversehrtheit der Menschen an erster Stelle.
Auch Skoda muss seine Produktion stoppen. Man kämpfe mit einem «kritischen Mangel» an Teilelieferungen von mehreren Zulieferern in der Ukraine, teilte das Unternehmen mit. Betroffen seien mehrere Modelle des Autobauers. Man sei gezwungen gewesen, mit Beginn dieser Woche die Herstellung des Elektroautos Skoda Enyaq iV einzuschränken. Skoda arbeite intensiv daran, nach alternativen Lieferquellen zu suchen.
Nach eigenen Angaben beschäftigt Skoda in Tschechien mehr als 600 ukrainische Mitarbeiter. Der Konzern will sie und ihre Familien in dieser Notsituation unterstützen. Konkrete Hilfe werde bei der Beantragung von Visa sowie bei Unterbringung, Gesundheitsversorgung und Integration angeboten. Zudem spende Skoda umgerechnet knapp eine halbe Million Euro an tschechische Hilfsorganisationen und Kommunen für die Flüchtlingshilfe.
In Solomonowo in der westlichen Ukraine stellt der unabhängige Skoda-Partner Eurocar die Modelle Superb, Kodiaq, Karoq und Fabia Kombi für den ukrainischen Markt her. Dort ist die Fertigung derzeit eingestellt. «Ein Rückgang des Verkaufs in der Ukraine und in Russland ist im Hinblick auf die aktuelle Entwicklung zu erwarten», hiess es aus der tschechischen Zentrale. Russland sei im vorigen Jahr mit 90’400 ausgelieferten Fahrzeugen der Marke Skoda das zweitwichtigste Absatzland weltweit gewesen.
Ebenfalls ihre Produktionsbänder gestoppt hat die Mercedes-Benz AG. Das Unternehmen teilte am Mittwochabend, den 2. März 2022 mit, dass der Export von Personenwagen und Vans nach Russland ebenso eingestellt wird wie die lokale Fertigung in dem Land. Mercedes hat ein PW-Werk in der Nähe von Moskau. Medienberichten zu Folge lässt auch der Lastwagenbauer Daimler Truck seine Geschäftsaktivitäten in Russland vorerst ruhen. Mercedes hat dort ein Joint Venture mit dem heimischen Hersteller Kamaz. (pd/ir)