08.02.2010

Nur mit grüner Plakette in den Sperrbezirk

In 40 deutschen Städten gibt es inzwischen sogenannte Umweltzonen. Wer dort mit dem Auto ohne Plakette erwischt wird, muss zahlen. Das gilt auch für ausländische Autofahrer – doch die Ausnahmeregelungen sind uneinheitlich. Folgende Informationen könnten Ihnen bei Autoreisen nach Deutschland nützlich sein.

Nur mit grüner Plakette in den Sperrbezirk

«Man fragt sich, warum das Auto einmal mehr als Sündenbock herhalten muss.» Ralph M. Meunzel über Europas Umweltzonenpolitik.

VON RALPH M. MEUNZEL,  Chefredaktor AUTOHAUS Deutschland

 

Das Netz von sogenannten «Umweltzonen» in Deutschland wird immer grösser und gleichzeitig verschärfen sich die Einfahrbedingungen für Autofahrer. Mit dem Neujahrstag 2010 hat sich die Zahl der Sperrbezirke in innerstädtischen Zonen seit dem Start 2008 jetzt von 34 auf 40 erhöht. Neu reglementiert wurde in: Bonn, Münster, Osnabrück, Heidelberg, Freiburg und Pfinztal (bei Karlsruhe).

 

Diese Städte haben
Umweltzonen:

Das an die Schweiz grenzende Bundesland Baden-Württemberg hat mit nun 18 Städten die meisten Umweltzonen, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit 14. Darin vor allem auch die Ruhr-Rhein-Schiene von Dortmund über Recklinghausen, Duisburg, Düsseldorf und Köln. Drei sind in Bayern (München, Augsburg und Neu- Ulm), zwei in Niedersachsen (Hannover und Osnabrück), je eine in Hessen (Frankfurt), Bremen und Berlin. In München tritt eine Verschärfung (Abweisung der roten Plakette) erst zum 1. Oktober 2010 in Kraft.

 Neue Umweltzonen zeichnen sich bereits für Regensburg, Neuss und Leipzig ab. Berlin und Hannover haben die Regel nun so verschärft, dass nur noch Autos mit grüner Plakette ins Zentrum fahren dürfen.

 

60 Franken Busse für
Schnapsidee

Wer in seinem Auto keine amtliche Plakette (rot, gelb, oder grün) hinter der Windschutzscheibe kleben hat und von der Polizei erwischt wird, muss 40 Euro (fast 60 Franken) bezahlen und bekommt einen Punkt in der Verkehrssünderdatei in Flensburg gutgeschrieben (nur Deutsche). Mit dieser Schnapsidee, deren Wirkung umstritten und deren bürokratischer Aufwand völlig unverhältnismässig ist, setzten die Städte eine Verordnung der Europäischen Union (EU) um. Der EU geht es um die Reduzierung der Feinstaubbelastung und zusätzlich um das Einhalten der Grenzwerte für Stickoxide – vor allem aus Dieselmotoren. Der Streit um die Entlastungswirkung von Umweltzonen von Befürwortern und Gegnern geht indessen weiter. Häufig trifft man sich vor Gericht wieder. Der Feinstaubanteil des Strassenverkehrs beträgt schliesslich nur etwa 20 Prozent der gesamten Belastung. Man fragt sich, warum das Auto wieder einmal als Buhmann herhalten muss!

 

Fast 90 Prozent fahren grün

Davon unbeachtet sind inzwischen fast alle Autos in Deutschland mit einer Plakette ausgestattet. 37,4 Millionen der
42 Millionen Autos in Deutschland verfügen dabei über die grüne Plakette, 2,7 Millionen tragen gelb, eine halbe Million sieht rot und 0,8 Millionen gegen leer aus, hat der
Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) gezählt. Die Einstufung ist von der Schadstoff-Schlüsselnummer im Fahrzeugschein abhängig. Benziner und Diesel werden dabei unterschiedlich bewertet.

Wie in Deutschland üblich, gibt es keine einheitliche Regelung für die Umsetzung der Verordnung. Jede Kommune hat die Sperrbezirke und die damit verbundenen Ausnahmegenehmigungen unter anderem für gewerbliche Fahrer und Anwohner in unterschiedlicher Form festgelegt. Die Plakette ist in jedem Autohaus oder jeder Werkstatt, bei den Technischen Überwachungsvereinen (TÜV), Dekra, GTÜ und KÜS erhältlich und kann teilweise direkt bei der Stadt bestellt werden. Die Kosten belaufen sich auf fünf bis zehn Euro. Neuwagen werden bei der Auslieferung damit beklebt.

 

Auch ausländische Fahrzeuge

brauchen eine Plakette!

Wer mit einem im Ausland zugelassenen Auto nach Deutschland kommt und eine der 40 aufgeführten Städte besucht, kommt an einer Plakette hinter der Windschutzscheibe nicht vorbei, sofern man einen Strafzettel vermeiden möchte. Die Farbe des Aufklebers richtet sich hier nach den Angaben in der Herstellerbescheinigung. Wenn diese nicht vorliegt, entscheidet das Baujahr des Fahrzeugs. Welche Plakette das Fahrzeug bekommt, erfährt man im Detail unter www.adac.de Stichwort Umweltzone. Benziner bekommen den grünen Freifahrtsschein bereits ab der Neuzulassung 1. Januar 1993. Wer nach Deutschland kommt, fährt am besten zum nächsten Autohaus und kauft sich dort die Plakette. Bei Dieseln und Lastwagen ist die Vergabe komplexer. Hier sollte man sich bereits vor der Reise informieren. 

 

Abwertung von Occasionen

Die Einführung der Umweltzonen ist bereits 2008 auf wenig Gegenliebe gestossen, vor allem bei Besitzern von älteren Dieselautos, Gebrauchtwagenhändlern und Gewerbetreibenden mit Lastwagen. Der Wertverlust bei Gebrauchten mit roter oder gelber Plakette liegt nach Angaben des Autogewerbes zwischen 20 bis 35 Prozent! Besonders krass fällt der Wertverlust naturgemäss in den Städten mit verschärften Fahrverboten aus. Im Schnitt kann man von mindestens 1000 Euro (knapp 1500 Franken) Wertverlust pro Fahrzeug ausgehen.

Allerdings erschliesst die grüne Welle auch Chancen. So können bestimmte Diesel durch die Nachrüstung von Partikelfiltern nachträglich die grüne Plakette und damit freie Fahrt erhalten. Die Förderung dieser Massnahme durch eine Verminderung der Kfz-Steuer hat die Bundesregierung in diesem Jahr für Personenwagen verlängert und auf Transporter ausgeweitet. Diese staatliche Hilfe trägt dabei direkt zur Minderung der Schadstoffemissionen bei. Die Umweltzonen haben dagegen wohl eher nur eine Alibifunktion. 

 

Übrigens: Der TCS verkauft die Plaketten für 28 Franken (Mitglieder 24 Franken). Infos unter:

www.tcs.ch 

www.adac.de  www.autohaus.ch 

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