Das Schweizer Carrosseriegewerbe erhält einen neuen GAV
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Vergangene Woche fand in der Stadthalle in Zofingen eine ausserordentliche Delegiertenversammlung des Branchenverbands Carrosserie Suisse statt. Im Zentrum der Versammlung stand der neue Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für das Carrosseriegewerbe, den die anwesenden Delegierten einstimmig annahmen.
57 von 84 Delegierte von Carrosserie Suisse nahmen am 25. November in der Stadthalle Zofingen an der ausserordentlichen Delegiertenversammlung zum neuen GAV teil.
An der ausserordentlichen Delegiertenversammlung in Zofingen nahmen 57 von insgesamt 84 Delegierten von Carrosserie Suisse teil. Auf der Tagesordnung stand der neue Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für das Carrosseriegewerbe. Die Neuauflage des GAV wurde einstimmig angenommen. Dieser wurde zuvor unter Leitung der paritätischen Landeskommission (PLK) für das Carrosseriegewerbe zwischen den Parteien Carrosserie Suisse auf Arbeitgeberseite und den Arbeitnehmer-Gewerkschaften Unia und Syna ausgehandelt. Die neuen Regelungen, die bis 2025 gültig sind, treten per 1. Juli 2022 in Kraft und ersetzen den bisherigen GAV, der seit 2017 für das Carrosseriegewerbe in der Schweiz Bestand hält.
Noch vorbehalten sind die weiteren Genehmigungen der Sozialpartner, was aber laut Verhandlungspartner Yannick Egger, nationaler Branchenverantwortlicher Carrosserie von der Unia, eine formelle Sache sei: «Die Stimmung während den Verhandlungen war sehr konstruktiv, alle Beteiligten sahen es als eine gemeinsame Herausforderung an, die Zukunft der Branche zu sichern und die Attraktivität gegenüber der jüngeren Generation zu erhöhen. Diesbezüglich sind wir zufrieden, es ist eine Erfolgsgeschichte in Sozialpartnerschaft.»
Es seien umfangreiche Verhandlungen gewesen, so Felix Wyss, Zentralpräsident von Carrosserie Suisse. Er sei deshalb froh, dass man schlussendlich eine Lösung gefunden habe, die für alle Parteien zufriedenstellend ist: «Die Einigung über den neuen Gesamtarbeitsvertrag ist wichtig und wegweisend für unsere Branche. Dass die Parteien einen neuen GAV aushandeln konnten, gibt auch den einzelnen Betrieben Sicherheit und Orientierung.»
Bei den Gesprächen habe es durchaus auch Meinungsverschiedenheiten gegeben, erklärt Wyss: «Bei solchen Verhandlungen gibt es immer einige Punkte, die mehr Diskussionen hervorrufen als andere. Das ist normal, denn es liegen jeweils verschiedene Forderungen auf dem Tisch.» Im Laufe der Verhandlungen habe man sich aber annähern und schliesslich einigen können.
Neben diversen kleineren Anliegen umfasst der neue GAV die folgenden Haupt-Anpassungen und Neuerungen:
- - Der Vaterschaftsurlaub beträgt neu 10 Tage zu einem Lohn von 90 Prozent (zuvor: 1 Tag zu einem Lohn von 100 Prozent). Da 80 Prozent pro Tag durch die Erwerbsersatzordnung (EO) abgedeckt werden, ist dieses Zugeständnis für die Arbeitgeber Lohnkostenneutral (10 Mal 10 Prozent statt 1 Mal 100 Prozent).
- - Der Anspruch auf bezahlte berufliche Weiterbildung wird auf 3 Tage erhöht (zuvor 2 Tage).
- - Neu hat der Arbeitnehmer Anrecht auf 2 bezahlte freie Tage beim Tod eines Geschwisters, von Eltern sowie von Schwiegereltern (zuvor 1 Tag).
- - Die Kündigungsfrist für Mitarbeitende ab dem 58. Arbeitsjahr beläuft sich neu auf 4 Monate (zuvor 3 Monate), unabhängig der Dienstjahre.
- - Der neue GAV umfasst eine generelle Lohnerhöhung ab dem 1. Juli 2022 von 60 Franken für alle Arbeitnehmenden mit einem Bruttolohn bis 6‘300 Franken (exklusiv Anteil 13. Monatslohn).
Einige Inhalte seien mit intensiveren Gesprächen verbunden gewesen, erklärt Marco Flückiger, Vize-Präsident von Carrosserie Suisse, der bei den Verhandlungen involviert war: «Die Gewerkschaften möchten für ihre Seite natürlich immer das Maximum aus den Verhandlungen herausholen und steigen deshalb mit sehr hohen Forderungen ein, beispielsweise beim Lohn oder den Ferien.» Die Aufgabe der Arbeitgeber-Vertreter sei dann jeweils, zu erklären, warum diese hohen Forderungen für die Unternehmen nicht tragbar seien: «Unser Ziel ist es, einen Kompromiss zu finden, der für beide Seiten passt.»
Carrosserie Suisse und die Sozialpartner sind davon überzeugt, mit dem neuen Gesamtarbeitsvertrag den richtigen Weg für eine erfolgreiche und nachhaltige Zukunft des Carrosseriegewerbes eingeschlagen zu haben. Der neue GAV soll ab dem 1. Juli 2022 für das gesamte Carrosserie- und Fahrzeugbaugewerbe in der Schweiz gelten. Bis zum 30. Juni 2022 bleibt der aktuelle GAV in Kraft.
Im Falle der Westschweizer Sektionen Neuchâtel, Waadt, Wallis und Fribourg arbeiten die örtlichen Betriebe ab Januar 2022 ein halbes Jahr im Rahmen des noch geltenden Gesamtarbeitsvertrages und übernehmen den neu ausgehandelten Vertrag ebenfalls ab Juli 2022. (pd/mb)
www.carrosseriesuisse.ch