Retter der Blitzmarke?
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Der traditionsreiche Automobilhersteller Opel wird nun doch nicht aus dem GM-Konzern herausgeschält und verkauft. Die Amerikaner haben wahrscheinlich gemerkt, dass ihre europäische Konzerntochter punkto verbrauchsgünstige Fahrzeuge und innovative Technik dem Mutterhaus hoch überlegen ist. Der neue Astra zeigt, warum.
Bewährtes kombiniert mit Innovationen: Der neue Opel Astra soll dem wirtschaftlich angeschlagenen Automobilhersteller auf die Beine helfen.
VON ANDREAS SENGER
Ausgestattet mit dem Preis «Goldenes Lenkrad» 2009 startet die Neuauflage des kompakten Astra (interne Bezeichnung Modell J), die an der Internationalen Automobilausstellung Frankfurt im Herbst ihr Debüt feierte, in den Markt. Die Ansprüche, welche Opel an sein Grossserienmodell stellt, sind hoch: Bisher wurden jeweils rund 500'000 Einheiten des Astra pro Jahr hergestellt.
Das Kompaktmodell gehört somit zu den tragenden Modellsäulen der Marke mit dem Blitz im Kühlergrill. Aufgrund der wirtschaftlich desolaten Lage des deutschen Herstellers tut ein Erfolg Not. Nur wenn der Neuling vom Markt akzeptiert und weiterhin in grossen Stückzahlen gekauft wird, kann Opel die Basis für eine erfolgreiche Zukunft legen.
Gene sind viel versprechend
Als Hersteller mit grossem Modellportfolio können die Rüsselsheimer auf ein breites Angebot von Motoren und Getriebe setzen.
Das Sahnestück der Entwickler ist jedoch verborgen unter dem Fahrzeug: Die Verbundlenkerachse wird beim Astra neu mit einem Wattgestänge kombiniert.
Was früher den Starrachsenkonstruktionen zu besserem Kurvenverhalten verhalf, weil die Seitenkräfte auf die Karosserie übertragen werden, soll auch beim Astra erfolgreich sein. Allerdings stellt die aufwändige Konstruktion weniger eine Revolution denn eine Evolution dar. Verbundlenkerachsen mit ihren beiden Längsschwingen, an denen die Radträger angebaut sind, haben durch die Elastokinematik den Nachteil, dass sich bei schneller Kurvenfahrt Lenkgeometriewinkeländerungen einstellen. Um diese Elastizität in den Griff zu bekommen, müssen bei konventionellen Verbundlenkerachsen die Lagerungspunkte mit wenig Elastizität ausgeführt werden. Dies bedeutet ein höheres Geräuschniveau, weil die Karosserie wie ein Klangkörper wirkt und die Schallwellen sich ausbreiten.
Optimale Kraftverteilung
Das Wattgestänge stützt die beiden Radträger gegenüber der Karosserie ab. Die Seitenkräfte können so auch beim Ein- und Ausfedern besser abgestützt werden. Das Resultat ist eine präzisere Radführung an der Hinterachse. Allerdings mussten die Entwickler entsprechend den Treibstofftank im Raum zwischen den Längsschwingen unter die Rücksitzbank «wegkonstruieren», damit der Querträger Platz hat, an dem der Ausgleichslenker montiert ist. Dafür können die Hauptlagergummis weicher ausgelegt werden, weil weniger Seitenkräfte angreifen. Dies sorgt für eine Reduktion der Fahrwerksgeräusche (weniger Übertragung auf die Karosserie). Dem aktuellen Trend folgend vergrösserten die Entwickler den Radstand um 7,1 cm auf 268,5 cm und liessen die Spurweiten vorne um 5,6 auf 154,4 cm und hinten um 7 auf 158,8 cm wachsen.
Damit wird der Astra fahrdynamisch auf das Niveau der Mitbewerber VW Golf und Ford Focus aufschliessen. Allerdings ist der Newcomer auch aussen gewachsen: 17 cm mehr Aussenlänge (441,9 cm, zum Vergleich Golf VI: 420 cm).
Ausserdem bietet Opel gegen einen Aufpreis von 950 Franken ein elektronisch steuerbares Schwingungsdämpfersystem CDC an (Continous Damping Control). Dieses System verändert aufgrund des Fahrerwunsches oder der Fahrzeugbewegungen die Zug- und Druckstufe der Schwingungsdämpfer. Um die Fahrwerkskräfte möglichst verwindungssteif aufnehmen zu können, wurde die Karosserie gezielt versteift und soll eine um 43 Prozent höhere Torsions- und eine um 10 Prozent höhere Biegefestigkeit aufweisen.
Geringere Verbräuche
Um den ökologischen Benchmarks gerecht zu werden, verpassen die Rüsselsheimer dem Astra sparsame Verbrennungsmotoren. Der CO2-Ausstoss soll gegenüber dem Vorgänger um durchschnittlich 12 Prozent gesenkt worden sein. Das Zauberwort heisst dabei Downsizing. Sowohl bei den Ottomotoren (1.4 Turbo, ersetzt den 1,8-Saugmotor) wie bei den Selbstzündern (1,3 CDTI) sind sparsame Triebwerke mit hohem Drehmoment und ansprechenden Fahrleistungen erhältlich (Siehe Tabelle unten).
Komfort- und Sicherheitssysteme
Gegen einen Aufpreis von 1500 Franken ist beim neuen Astra das aus dem Insignia bekannte Adaptive Forward Lighting AFL bestellbar. Das adaptiv mitlenkende Bi-Xenon-Scheinwerfersystem verfügt über eine variable Lichtverteilung. Ebenfalls im Reigen der aktiven Sicherheit darf der «ergonomische AGR»-Sitz («Aktion Gesunder Rücken») aufgezählt werden. Gegen Aufpreis (unterschiedlich je nach Ausstattung) werden diese vielfach verstellbaren Vordersitze geboten. Nicht nur eine verstellbare Sitzflächenverlängerung ist inbegriffen, sondern auch eine Vierwege-Lordosenstütze.
Wer auf sein Fahrrad nicht verzichten will, kann bei Opel einen integrierten Veloträger FlexFix bestellen. Gegen einen Aufpreis von 950 Franken entfällt die fummelige Montage von Nachrüstlösungen.