Teslas Trauerspiel in vier Akten
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Der Elektropionier Tesla schliddert von der Produktionshölle in die Servicekatastrophe. Klagen über Auslieferungsprobleme, Qualitätsmängel und schlechten Service werden immer häufiger. Was ist bloss los bei Tesla?
Text: Isabelle Riederer
Teslas Model 3 ist ein Verkaufsschlager und lässt die Konkurrenz hinter sich. Doch mittlerweile häufen sich die Berichte, nachdem das Elektroauto schlecht verarbeitet sei und zahlreiche Mängel aufweise. Damit aber nicht genug, auch beim Service soll es bei Tesla gravierende Probleme geben. Ein aktueller Fall aus Deutschland soll zeigen, dass Tesla kurz vor der nächsten Katastrophe steht. Es geht um den Streit zwischen dem grössten Elektroauto-Vermieter in Deutschland Nextmove und Tesla. Ein Trauerspiel in vier Akten.
Erster Akt
Es ist Ende 2018, Stefan Möller, Geschäftsführer von Nextmove, Deutschlands grösster Elektroauto-Vermietung bestellt bei Tesla 100 Model 3. Möller ist grosser Tesla-Fan. In seinem Fuhrpark mit rund 400 Elektroautos gibt es auch zahlreiche Tesla Modelle, darunter auch einige Model X. Nach der Lieferung der ersten 15 Model 3 kam es zum Zwist mit Tesla – wegen Qualitätsmängeln an den bestellten Fahrzeugen. Nextmove schreibt auf seiner Internetseite (Überschrift: «Service Hölle: Tesla storniert unsere Model 3»): «Bei den Auslieferungen der ersten 15 Fahrzeuge im Frühjahr 2019 war dann allerdings nur jedes vierte Tesla Model 3-Neufahrzeug ohne Mängel, teilweise waren Fahrzeuge sogar nicht verkehrstüchtig.» Und Nextmove-Geschäftsführer Stefan Moeller sagt: «Tesla ist offenbar in der Servicehölle angekommen.»
Nextmove stellte an den Fahrzeugen «schwere Qualitäts- und Sicherheitsmängel» fest - unter anderem falsch verlegte Kabel, es gab Kondenswasser in Scheinwerfern sowie Kratzer im Lack und am Armaturenbrett. Eine laut Nextmove zunächst erfolgte Einigung mit Tesla Deutschland über einen Prozess zur mangelfreien Übergabe beziehungsweise termingerechte Reparaturen nahm Tesla laut dem E-Auto-Vermieter zurück. Tesla setzte Nextmove zufolge dann, statt die Autos zu reparieren, ein 24-Stunden-Ultimatum und stornierte nach dessen Ablauf die Bestellung von 85 weiteren Fahrzeugen im Wert von rund fünf Millionen Euro. Nextmove zitiert aus einer E-Mail von Tesla: «Daher wird Tesla heute die zur Abnahme überfälligen Fahrzeuge gemäss der Fahrzeugkaufvertrags–Bedingungen stornieren.»
Zweiter Akt
Tesla stellt das, was passierte, anders dar. Laut dem E-Autobauer stornierte Nextmove die Lieferung der ausstehenden 85 Fahrzeuge, während man bei Tesla noch dabei gewesen sei, die Nachbesserungen vorzunehmen. Tesla vermutet, dass sich der Ärger von Nextmove nicht nur auf Qualitätsprobleme beziehe, sondern auch in einem «nicht beigelegten Disput» begründet sei, den es im Laufe des Jahres gegeben habe.
Gegenüber dem Nachrichtenmagazin «Focus Online» teilte Tesla mit, man sei dabei gewesen, die «Mängel zu beseitigen» und habe Ersatzfahrzeuge zur Verfügung gestellt, als die Bestellung storniert worden sei. Nextmove habe die Abnahme bereits zur Auslieferung bereitstehender Autos verweigert. Zwar gebe es immer eine «kleine Chance», dass Fahrzeuge bei der Endauslieferung an den Kunden beschädigt werden könnten, in diesen Fällen bemühe man sich aber um eine schnelle Problemlösung.
Dritter Akt
In den Sommermonaten versuchte Nextmove laut eigenen Aussagen, via Internet vier weitere und völlig intakte Model 3 zu bestellen. Mit überraschendem Ergebnis: «Tesla hat uns Autos als neu angeboten, die nachweislich bereits einmal auf eine Person zugelassen waren», zeigt sich Möller gegenüber Focus Online entsetzt. Hätte der Verleiher diese Autos angenommen, hätte Nextmove weder die staatliche Förderung in Anspruch nehmen noch die Umsatzsteuer als Vorsteuer beim Finanzamt geltend machen können.
In einer Stellungnahme bestreitet Tesla diesen Vorwurf: «Es sei falsch zu unterstellen, Tesla habe Identifikationsnummern absichtlich mehrfach vergeben. Vorübergehende Systemprobleme bei der Vergabe solcher Nummern seien behoben worden und betroffene Kunden hätten neue sogenannte VIN bekommen.» Tesla erklärt auch, es sei nicht richtig, dass der Autobauer die Bestellung der restlichen 85 Autos storniert habe. Vielmehr habe Nextmove keine weiteren Fahrzeuge mehr annehmen wollen. Tesla habe dem Flottenbetreiber zudem für die Zeit der Reparatur Leihfahrzeuge zur Verfügung gestellt.
Nextmove wiederum erklärt, der E-Auto-Verleiher habe in der Vergangenheit Probleme mit Reparaturen nicht nur beim Model 3, sondern auch mit anderen Tesla-Modellen gehabt. Zugleich hätten Tesla-Fans davon berichtet, dass der Kundenservice des Autobauers in Deutschland weder auf Mails noch auf telefonische Nachrichten reagiert habe.
Vierter Akt
Mittlerweile häufen sich Klagen über Mängel und schlechten Service auch in anderen Ländern. So auch im letzten Sommer in Norwegen. 8500 Elektroautos verkaufte Tesla im vergangenen Jahr in Norwegen und damit so viel wie in keinem anderen europäischen Land. Tesla profitiert dabei von Steuererleichterungen, die sich im hochpreisigen Segment besonders stark auswirken, und weil gute Alternativen in dem Segment bislang rar sind.
Für ihre teuren Elektrolimousinen verlangen Kunden dann auch einen adäquaten Service. Genau daran aber mangelt es bei Tesla in dem skandinavischen Land. Im ersten Halbjahr dieses Jahres liefen bei dem staatlich organisierten norwegischen Verbraucherrat rund 120 Beschwerden über Tesla auf – Platz vier in der Statistik der Verbraucherbeschwerden, wie Bloomberg berichtet. Im Vorjahreszeitraum rangierte Tesla auf der Beschwerdeliste noch auf Platz 24.
Auch hierzulande werden Stimmen laut, die Servicedienstleistungen des Elektrohersteller in der Schweiz seien mangelhaft. So weiss AUTO&Wirtschaft von einem Fall, wo ein Tesla-Fahrer im Tessin mit einem Systemausfall kämpfte. Zwar fuhr das Auto noch, doch das komplette Infotainmentsystem war ausgefallen. Der Touchscreen und die digitale Instrumententafel hinterdem Lenkrad waren komplett schwarz. Mehrmals versuchte der Besitzer über die Tesla-Hotline Hilfe zu bekommen, doch auch nach mehreren Stunden war niemand erreichbar. Schlussendlich musste er das Fahrzeug abschleppen lassen. Erst nach mehreren Tagen konnte er einen Termin über die Hotline ausmachen.