06.11.2009

Drastische Sparzwänge bei den Herstellern

Die Null-Emissions-Fahrzeuge der Automacht Japan standen anlässlich der 41. Tokio Motorshow im Fokus. Die fünftgrösste Automesse hat in diesem Jahr aber auch an Attraktivität verloren.

Drastische Sparzwänge bei den Herstellern

Kleiner Stromer von Toyota: Der FT-EV II.

VON RALPH M. MEUNZEL

Nach den USA und China ist der japanische Automarkt weiterhin das drittgrösste Absatzgebiet der Welt. Entsprechend gross ist das Interesse, wenn es um Neuheiten auf der fünftgrössten Automesse in Japans Hauptstadt Tokio geht. Allerdings leiden besonders die hiesigen Hersteller trotz ihrer starken Importorientierung zusätzlich an der Nachfrageschwäche im eigenen Land. Die drastischen Spar­zwänge der Autoindustrie spürte man bei der 41. Auflage der Tokio Motorshow (bis 4. November 2009) deutlich. So fehlten beispielsweise sämtliche euro­päischen Hersteller. Auch wenn der Marktanteil der Ausländer in Japan weniger als zweistellig ist, erregte das Spektakel, das Volkswagen, Mercedes, BMW und ­Audi jeweils gemacht haben, viel Aufsehen. Nur BMW Alpina und Lotus hielten neben Zulieferern wie Bosch und der Schäffler-Gruppe die Stellung. Gleichzeitig wurde bei der Präsentation von Concept-Cars gespart. Gerade die ausgeflippten Autoentwürfe, die in der Regel nie gebaut wurden, waren in Tokio ein Publikumsrenner. Dass die Hälfte der Aus­stellungsfläche nicht besetzt war, liess sich ebenfalls nur schwer ka­schieren.

Hybrid und E-Mobile

Dass inzwischen 1,4 Millionen Prius weltweit verkauft wurden, gibt der Umweltstrategie von Toyota Recht. Pro Monat werden allein in Japan jetzt über 6000 Prius neu zugelassen. Dazu trägt allerdings auch das staatliche För­derprogramm bei, das am CO2-Verbrauch des neuen Autos festgemacht wird. Der Marktführer will nach eigenen Angaben nun bis 2020 jedes Auto mit der kraftstoffsparenden Technik anbieten. Die Technologie von Toyota nutzt inzwischen auch Suba­ru in der Hybrid-Studie Tourer, die als Weltpremiere vorgestellt wurde.

Mit Joystick durch den Stau

Weltmarktführer Toyota hat aus­serdem ein reinrassiges kleines Elektroauto (FT-EV II) unterhalb des iQ als Stadtwagen konzipiert. Seitliche elektrische Schiebetüren sowie die weit nach unten hin verglaste Front verweisen auf sein Einsatzgebiet in den Staus der Grossstadt. Ein Joystick übernimmt die Steuerung von Lenkung, Gas und Bremse. Der FT-EV II erreicht laut Herstellerangabeneine Höchstgeschwindigkeit
von 100 km/h. Seine Reichweite soll 90 Kilometer betragen. Nach der Premiere auf der IAA präsentiert das Unternehmen den Bestseller Prius auch in Tokio als Plug-in-Version. Durch die Möglichkeit, die Lithium-Ionen-Batterie an der Steckdose aufzuladen, erweitert sich die rein elektrische Reichweite auf 20 Kilometer. Die CO2-Emissionen sinken so im Schnitt unter 60 Gramm je Kilometer. Anders als ein reines Elektrofahrzeug kann der Plug-in Hybrid bei erschöpfter Batterie seine Fahrt mit der Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor fortsetzen. Ein Ladevorgang der Batterie dauert bei 230 Volt Netzspannung rund 100 Minuten.

Die Zukunft ist elektrisch

Nissan hingegen setzt wie ­Renault auf Elektromobile. So hat man mit dem «Leaf» einen Kom­paktwagen vorgestellt, dessen Serienfertigung bereits 2010 starten soll. Laut Konzernchef Carlos Ghosn konzentriert man sich vor allem auf den Bau vom E-Mobilen, weil die Konzentration auf fossilen Brennstoffen letztlich zu sehr hohen Kosten führt und Strom aus einer Vielzahl von Stoffen hergestellt werden kann.  Ghosn betonte allerdings auch, dass es dazu als Hersteller notwendig sei, die Batterietechnik zu beherrschen. Um deren Recycling in geordnete Bahnen zu lenken, hat Nissan mit Sumitomo ein Joint-Venture verkündet. Der Manager geht davon aus, dass ab 2020 mindestens zehn Prozent der Autoverkäufe E-Mobile sein werden. Der «Leaf», auf deutsch «Blatt», wird 2010 zunächst in Japan und den USA eingeführt und kommt dann zum Jahresende nach Europa. Laut Nissan ist das neue Modell damit das weltweit erste rein elektrisch betriebene mittelgrosse Serienfahrzeug. Zunächst ist allerdings nur der Einsatz im gewerblichen Bereich geplant. Ab 2012 ist der Fünfsitzer dann auch für den Massenmarkt vorgesehen. Die Lithium-Ionen-Akkus sollen eine Reichweite von über 160 Kilometern ermöglichen. Die Energie aus der Steckdose treibt auch die Konzeptstudie «Land Glider» an, die Elemente eines Motorrads und eines Kleinwagens gelungen kombiniert. Das Stadtauto ist als Alternative zum Roller gedacht neigt sich mittels spezieller Technik wie ein Motorrad in Kurven um bis zu 17 Grad, die beiden Insassen sitzen hintereinander.

iMiEV wird bereits gebaut

Mitsubishi ist mit dem Angebot von E-Mobilen allerdings schneller. Die Fliessband-Produktion des kleinen Stromers iMiEV hat bereits begonnen. Eine Kooperation mit PSA ist ebenfalls in der Umsetzung. Gleichzeitig wurde ein Outlander (PX MiEV) mit Plug-in-Hybrid-Lösung für 2013 angekündigt. An der Steckdose aufladen darf man künftig auch den Suzuki Swift  als Plug-in. Honda hat mit dem Hybrid InSight ein Konkurrenzprodukt zum Prius. Auf der Messe präsentierte man mit dem EV-N einen schnuckeligen Kleinwagen mit Elektroantrieb. Der CR-Z stand als Hybrid-Concept auf dem Stand. Trotz aller Euphorie gibt es noch viele Fragezeichen. So wurde oft nur wage bekannt gegeben, wann das jeweilige Modell eingeführt werden soll. Gleichzeitig wurden keine Preise genannt – Elektromobile sind derzeit noch deutlich teurer als Autos mit herkömmlichem Antrieb. Eine weitere Unbekannte ist die Kundenakzeptanz. Werden die Käufer die Autos mit der Steckdose inklusive der kürzeren Reichweiten und langen Ladezeiten akzeptieren?

Kurz, leicht, sparsam

Sparsame kompakte Modelle mit herkömmlichem Antrieb bleiben hingegen die Kernkompetenz
von Daihatsu, der Kleinwagenmarke von Toyota (Anteil von über
50 Prozent). Unter dem Motto «Innovation für morgen» stellte der Minihersteller mehrere Fahrzeugstudien vor. Der Daihatsu «e:S» – das Kürzel steht für «eco und smart» – ist laut Hersteller der Prototyp einer neuen Generation von ökologisch optimierten Kleinwagen «Kurz, leicht, sparsam». Trotz eines Radstands von 2,17 Metern sollen vier Personen Platz finden. Das Fahrzeug, das nur 700 Kilogramm auf die Waage bringt, verfügt zudem über Effizienztechnologien wie Start-Stopp-System oder gekühlte Abgasrückführung (EGR). Ohne die Hilfe von Hybridkomponenten soll der e:S im japanischen Fahrzyklus auf Werte von 30 Kilometern je Liter Benzin kommen. Auf derart neue Modelle konnte man bei Mazda in diesem Jahr nicht hoffen. Das jetzt überarbeitete Concept-Car Kiyora kannte man schon vom Pariser Salon 2008. Dafür präsentierte der japanische Hersteller seine neue Motorengeneration (Diesel und Benzindirekteinspritzer Sky-G und Sky-Drive), die im Vergleich zu den Vorgängern bis zu 30 Prozent weniger Kraftstoff verbrauchen sollen. Mazda stellte klar, dass das Einsparpotenzial im herkömmlichen Verbrennungsmotor längst noch nicht ausgeschöpft sei und man sich zunächst durch Gewichtsreduzierung und neuer Motorentechnik darauf konzentrieren werde.

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