06.11.2009

Nahtlose Aufrechterhaltung des Betriebs

Was lange währt, wird endlich gut. Das Sprichwort beschreibt perfekt das riesige Umbau-Projekt der AMAG in Fribourg: Die Planung begann bereits vor zehn Jahren und die Bauarbeiten dauerten insgesamt über acht Jahre. Gesamtkosten: rund 30 Millionen Franken. Herausgekommen ist ein Autohaus mit Vorbildcharakter – und zwar nicht nur für grosse Garagen.

Nahtlose Aufrechterhaltung des Betriebs

Endlich am Ziel! Architekt Aurel Toth ist stolz auf sein beinahe abgeschlossenes 30-Millionen-Bauprojekt der AMAG in Fribourg. Der massive Umbau des VW-Gebäudes dauerte acht Jahre. Der Garagenbetrieb lief während jeder ­Bauphase nahtlos weiter.

Mit Aurel Toth sprach Theo Uhlir

AUTO&Wirtschaft: Warum eignet sich das Bauprojekt der AMAG in Fribourg als Anschauungsbeispiel für kluges Planen und Bauen in der Autobranche?

Aurel Toth: Aus vielen Gründen. In erster Linie bietet das Projekt ein gutes Beispiel, wie man trotz enger Raumverhältnisse effizienzsteigernde und personalfreundliche Strukturen schaffen kann. Anders gesagt: Die VW-Garage der AMAG in Fribourg ist heute ein kompletter Grossbetrieb, der unglaublich viele Funktionen bietet.

Das tönt nach einer extrem optimierten Lösung – herrschten in Fribourg dafür besonderes günstige Verhältnisse?

In der Tat. Die Platzverhältnisse waren zwar eng, doch uns kam die Topographie zu Hilfe. Da das Gelände um das VW-Gebäude uneben ist und unterschiedlich stark abfällt, ergeben sich direkte Zugänge von draussen auf drei Ebenen bzw. Stöcken. Diese Tatsache hat uns eine ­extrem kompakte Bauweise ermöglicht.

Welchen Einfluss hat eine derartige «kompakte» Bauweise auf die Arbeitsabläufe in der Garage?

Auch die Arbeitsabläufe werden kurz und kompakt – und genau darum geht es. Denn jede Bewegung und jeder Weg, den jemand x-mal pro Tag unnötigerweise tut, ist ein «Reibungsverlust», der Zeit und Geld kostet.

Was war die grösste Schwierigkeit an diesem Projekt?

Die nahtlose Aufrechterhaltung des Garagenbetriebs während der gesamten Bauzeit. Denn wir haben ja nicht auf der grünen Wiese ein neues Autohaus hingestellt, sondern ständig zwischen dem laufenden Betrieb gearbeitet. Was noch stehen blieb, musste weiter funktionieren, ja mehr noch, vor der Bauerei geschützt werden. Inklusive Heizung, Lüftung und Sanitäranlagen. Einige Phasen waren für alle – Garagenpersonal und Bauarbeiter – alles andere als bequem.

Einbussen beim Arbeitskomfort sind das eine. Aber birgt eine Baustelle mitten im laufenden Betrieb nicht auch zahlreiche Risiken?

Das Thema Sicherheit musste während der gesamten, jahrelangen Bauzeit gross geschrieben werden! Überall gab es Hindernisse und offene Gruben. Ich bin darum sehr stolz darauf, dass wir trotz achtjähriger Bauzeit keinen einzigen Unfall hatten.

Aber das Geschäft dürfte aufgrund der intensiven Bauaktivitäten sicherlich ein wenig gelitten haben …

Nein – obwohl die Umbauarbeiten für die AMAG-Leute eindeutig einen Mehraufwand bedeuteten. Doch sie hatten verstanden, dass wir ja für sie bauen und waren darum über die ganze Dauer sehr kooperativ. Diese Tatsache hat wiederum uns sehr geholfen.

Und wie stellte sich die Situation für die Kunden dar?

Auch das war eine Herausforderung! Denn für die Kunden musste zu jeder Zeit klar erkennbar sein, was wo ist – selbst wenn einzelne Bereiche in den verschiedenen Bauphasen provisorisch ausgelagert waren. Ausserdem mussten wir den Handwerker-Verkehr unter Kontrolle halten, damit stets ausreichend Parkplätze für ankommende Kunden vorhanden waren. Anders gesagt: Die Handwerker mussten sich an strenge Regeln halten. Hier hat der Bauleiter für Ordnung gesorgt.

Welche Komplikationen bedeutete das nahtlose Aufrechterhalten des Garagen­betriebs für die Bauarbeiten?

Das waren einige! Vor allem der Ausbau nach unten hatte es in sich. Denn unter normalen Umständen hätten wir das alte Gebäude einfach abgerissen, einen tiefen Aushub gemacht und dann die Unter- und Obergeschosse erstellt. Doch genau das ging nicht, weil ja der Betrieb – vom Showroom über Werkstatt, Verwaltung bis hin zur Carrosserie – stets weiterlaufen musste.

Wie haben Sie diese Herausforderung gelöst?

Indem wir die Untergeschosse unter dem darüber laufenden Betrieb bauten. Dazu musste die bestehende Werkstatthalle provisorisch mit einer so genannten Brücke abgestützt werden (siehe Foto Seite 25). Der Betonboden der Werkstatt stand also auf Pfeilern und darunter wurde gegraben, betoniert und so weiter. Alle drei heute bestehenden Untergeschosse entstanden so.

Und was taten Sie, wenn die Bauaktivitäten die Arbeit in bestimmten Bereichen dennoch verunmöglichten?

Dann behalfen wir uns mit Rochaden. Hier kam uns zugute, dass das gesamte AMAG-Gelände in Fribourg, beidseits der Strasse, recht gross ist. So waren die Büros von Volkswagen zeitweise auf der Galerie im Audi-Hangar untergebracht oder wir bauten ein Zelt für die VW-Ausstellung. Es war nicht von ungefähr, dass wir das grösste Gebäude, das VW-Autohaus, zuletzt bauten, als letzte Etappe. Denn auf diese Weise hatten wir stets genügend Reserveplatz. Die Planung der Etappen muss gut durchdacht sein! Es ist eine logistische Herausforderung.

Wem obliegt eigentlich die Planung der Etappen? Ist das der Job des Architekten?
Die Etappenplanung ist ein Gemeinschaftswerk des Architekten, der Bauleitung und des Betriebs. Sämtliche Bedürfnisse und Vorgänge müssen aufeinander abgestimmt sein. Dies ist auch aus psychologischen Gründen sehr ­wichtig. Werden beispielsweise Büros in einen Container verlegt, tut man gut daran, die ­betroffenen Mitarbeiter rechtzeitig zu informieren.

Gab es aufgrund der doch sehr langen Bauzeit keine Unsicherheiten betreffend des von Volkswagen vorgeschriebenen Corporate Designs?

Wir wussten natürlich, dass wir nach dem neuen Konzept bauen. Doch dieses Konzept war bei VW noch in der Entwicklung und es stand lange nicht zu 100 Prozent fest, wie es am Ende aussehen würde. Das machte die Sache natürlich nicht einfacher – aber auch diese Herausforderung haben wir, zusammen mit Volkswagen, gemeistert.

Heisst das, in Fribourg steht die derzeit neuste und modernste VW-Garage überhaupt?

Wir hatten hier tatsächlich die Gelegenheit, das neuste Corporate Design von Volkswagen zu integrieren. Im Moment ist es das neuste konsequent umgesetzte Objekt in ganz Europa – und hat somit für die AMAG, aber auch für Volkswagen eine ganz besondere Bedeutung.

Worin äussert sich das neue Corporate Design von Volkswagen?

In klaren, einfachen und pragmatischen Formen. Dazu helle Farbgebung, vor allem Weiss und Hellgrau, kombiniert mit Holz. Alles ist hell und transparent. Es gibt keine versteckten Arbeitsplätze, der Kunde soll Einblick in alle Bereiche haben – damit er sieht, was alles für ihn gemacht wird.

Das neue Erscheinungsbild betrifft aber nur die Hülle – hat also keinen Einfluss auf die technische Umsetzung und auf die Abläufe …

Das ist richtig. Bei diesem Gebäude haben wir sehr stark nach den Bedürfnissen des Betriebes geplant – und nach den neusten Erkenntnissen hinsichtlich optimierter Betriebsabläufe und modernster Gebäudetechnik.

Bedeutet moderne Gebäudetechnik auch sparsamen Umgang mit Ressourcen und Umweltschutz?

Ja. Zum Beispiel, nebst guter Isolierung, der Einsatz thermoaktiver Deckenelemente, die mittels Betonkernaktivierung zum Heizen oder Kühlen des Gebäudes dienen – je nach Jahreszeit. Ausserdem enthält das Gebäude eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung, energiesparendes Licht und eine biologische Abwasseraufbereitung. Wann immer möglich, sind auch die Arbeitsgeräte energietechnisch optimiert. So läuft beispielsweise der Zentralstaubsauger immer nur so stark, wie gerade nötig und die Lackierkabinen sind mit sparsamen frequenzgesteuerten Motoren ausgestattet.

Ist der Bau einer Garage eigentlich komp­lizierter als beispielsweise jener eines Bürogebäudes?

Der Bau einer Garage ist interessant, da hier ein Konglomerat verschiedener Technologien zum Einsatz kommt. So gelten für die Büros ganz normale Baustandards. Technisch deutlich aufwändiger sind die Betriebsgebäude, welche zusätzlich spezifische technische Einrichtungen benötigen, wie zum Beispiel Druckluft, Abgasabsaugung, Zentralstaubsauger, Ölmanagement, spezielles Licht und natürlich EDV.

Gab es auch gezielte Massnahmen für ein optimales Arbeitsklima?


Sogar sehr viele. Einerseits haben wir überall für angenehme Temperaturen und genügend Tageslicht gesorgt. Dazu kommen freundliche Sozialräume, grosszügige Garderoben mit belüfteten Schränken und schöne sanitäre Anlagen.

Können auch kleine Garagen von diesem enormen Know-how und der modernen Technologie profitieren? Oder ist dies eher ein Privileg der grossen Autohäuser?


Keinesfalls! Alles worüber wir sprachen, ist auch in einem kleineren Rahmen realisierbar. Selbstverständlich können auch kleine Garagen von diesem Stand der Technik profitieren!

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