02.06.2009.

Freestyle für Ventile

Fiat Powertrain Technologies (FPT) stellte am Genfer Automobilsalon eine neue, MultiAir genannte, variable Ventilsteuerung vor, die in Zusammenarbeit mit der Schaeffler-Gruppe entwickelt wurde. Das System verfügt über eine einzige Nockenwelle, welche die Auslassventile in herkömmlicher Weise direkt steuert.

Bei den Einlassventilen sind ein Kolben und eine Hydraulikkammer zwischen Nocken und Ventil geschaltet. Ein oben am Ventilschaft angeordnetes Magnetventil öffnet bzw. schliesst die Hydraulikkammer: Ist das Magnetventil geschlossen, wird der Nockenhub über die Hydraulik eins zu eins auf das Ventil übertragen, und letzteres wird wie bei einer herkömmlichen Ventilsteuerung betätigt. Bei geöffnetem Magnetventil ist der Kraftfluss vom Nocken zum Ventil im Hydraulikteil unterbrochen, das Ventil wird von der Feder in seinen Sitz gepresst und folgt der Nockenform nicht mehr.

Hohe Variabilität

Mit dem elektronisch über ein Steuergerät betätigten Magnetventil, das eine zusätzliche Steuereinheit zwischen Nocken und Ventil darstellt, lassen sich die Ventilöffnungsverläufe für jeden Zylinder und jeden Takt exakt und genau nach Bedarf steuern.

Im Volllastbetrieb bei hohen Drehzahlen bleibt das Magnetventil geschlossen, und das Einlassventil folgt der Nockenform, die auf eben diesen Fahrzustand ausgelegt wurde.

Um bei tiefen Drehzahlen ein möglichst hohes Drehmoment zur Verfügung zu stellen, wird das Magnetventil kurz vor der nockenbedingten Schliessung des Einlassventiles geöffnet. In der Folge schliesst das Einlassventil früher, wodurch das Rückströmen des Gemischs in den Ansaugtrakt verringert und die Füllung verbessert wird.
Bei Teillast wird das Magnetventil früher geöffnet; dadurch verändert sich der Einlassventilhub und die Füllung kann so dem Drehmomentwunsch angepasst werden. Eine weitere Möglichkeit zur teilweisen Öffnung des Einlassventils besteht darin, das Magnetventil erst nach dem Beginn der Nockenerhebung zu schliessen. Dadurch erhöht sich die Einströmgeschwindigkeit des Gemischs in den Zylinder, was wiederum eine bessere Verwirbelung zur Folge hat.

Durch eine Kombination der beiden letztgenannten Variationen im selben Ansaugtakt ergibt sich ein sogenannter «Multilift»-Modus, der die Verwirbelung und die Brenngeschwindigkeit bei sehr geringen Lastzuständen erhöht.
Zur internen Abgasrückführung lassen sich die Einlassventile überdies im Ausstoss-Takt nochmals öffnen.

Hohes Potenzial

Das Potenzial von MultiAir ist hoch: Rinaldo Rinolfi, der Direktor der Motorenabteilung des Fiat Research Center sprach bei der Vorstellung des Systems am Genfer Auto-Salon von möglichen Leistungssteigerungen bis zu 10 % (durch die auf Höchstleistung ausgelegte Nockenwelle) und Drehmomentverbesserungen von bis zu 15 % (bessere Füllung bei tiefen Drehzahlen). Durch die Elimination der Pumpverluste soll sich der Verbrauch von Saug- und aufgeladenen Motoren um bis zu 10 % reduzieren lassen. Ein mit MultiAir ausgestattetes aufgeladenes Triebwerk soll gar bis zu 25 % weniger Treibstoff verbrauchen als ein konventioneller Saugmotor mit gleicher Leistung. Doch auch die Schadstoffe können – vorallem auch durch die Möglichkeit der internen Abgasrückführung – weiter reduziert werden. Fiat spricht hier von Reduktionen von bis zu 40 % bei den CO- und die HC-Emissionen; der NOx-Ausstoss soll sich um bis zu 60 % verringern lassen.

Da sich MultiAir sowohl in Benzin- als auch in Dieselmotoren integrieren lässt, wird es gemäss Fiat mit diesem System auch möglich sein, die Euro-6-Norm ohne den Einsatz der SCR-Technik einzuhalten. Damit könnte bei Diesel-PW dereinst auf die Harnstoffeinspritzung, wie sie bei Lastwagen («AdBlue») bereits zum Einsatz kommt, verzichtet werden.

Ausblick

Ein weiterer Vorteil des MultiAir-Systems ist, dass es sich mit geringem Aufwand in bestehende Motorenbaulinien beziehungsweise Zylinderköpfe integrieren lässt. Dies ermöglicht auch eine kostengünstige Herstellung, da die Produktionsstrassen nur geringfügig modifiziert werden müssen.

MultiAir soll noch in diesem Jahr erstmals zum Einsatz kommen – zuerst im Alfa Romeo Mito mit 1,4-l-Saugmotor. Später soll das System auch der aufgeladenen Variante dieses Triebwerks zugute kommen, und in einem weiteren Schritt ist ein 0,9-l-Zweizylinder-Benzinmotor geplant, dessen Zylinderkopf speziell für den Einsatz mit MultiAir entwickelt wurde. Auch dieses Aggregat wird mit oder ohne Aufladung erhältlich sein, wobei zusätzlich ein Turbomotor mit Bi-Fuel-Ausrüstung (Benzin/Erdgas) geplant ist. Dieselmotoren mit MultiAir werden folgen.

www.fptpowertrain.com

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