04.09.2009

Verbrauch unerreicht

Im Oktober 1999 begann in der Schweiz der Verkauf des Volkswagen Lupo 3L. Nach der zwei Jahre zuvor erfolgten Ankündigung des damaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Ferdinand Piëch, dass Volkswagen bis zur Jahrtausendwende ein Fahrzeug vorstellen würde, welches weniger als drei Liter Treibstoff auf 100 Kilometer verbraucht, konnte dieser Zeitfahrplan sogar unterboten werden. Leider wurde die Produktion im Jahr 2005 wieder eingestellt.

Verbrauch unerreicht

Ein VW Lupo 3L mit bald 130'000 km. Das Auto braucht noch immer – bei entsprechender Fahrweise – um die 3 l Treibstoff pro 100 km. Die langjährigen Grenzen pendeln zwischen 2,9 l/100 km und 3,4 l/100 km (immer bezogen auf eine Tankfüllung oder ca. 1000 km Fahrstrecke).

VON ANDREAS LERCH

Speziell ist die seit der Lupo- Lancierung erfolgte Terminologieänderung des Begriffs «3-Liter-Auto»: Volkswagen verstand darunter: weniger als 3 l/100 km; heute wird der Begriff bei einem Verbrauch von weniger als 4 l/100 km verwendet, also wenn die Zahl mit einer 3 beginnt. Der offizielle Verbrauch des Lupo 3L im NEFZ wurde mit 2,99 l/100 km angegeben, ein Verbrauchswert, der in der Welt des Automobils bis heute unerreicht geblieben ist. 


Einsparungsmöglichkeiten

Wenn ein neues Fahrzeug mit der Vorgabe eines extrem gerin- Zehn Jahre VW Lupo 3L Verbrauch unerreicht Im Oktober 1999 begann in der Schweiz der Verkauf des Volkswagen Lupo 3L. Nach der zwei Jahre zuvor erfolgten Ankündigung des damaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Ferdinand Piëch, dass Volkswagen bis zur Jahrtausendwende ein Fahrzeug vorstellen würde, welches weniger als drei Liter Treibstoff auf 100 Kilometer verbraucht, konnte dieser Zeitfahrplan sogar unterboten werden. Leider wurde die Produktion im Jahr 2005 wieder eingestellt. gen Verbrauchs entsteht, müssen neben einem Antriebsstrang mit hohem Wirkungsgrad vor allem die Fahrwiderstände (Rollwiderstand und Luftwiderstand) verringert werden. Die Beschleunigungswiderstände werden durch die optimierte Masse verbessert. Genau diese Punkte wurden in der Volkswagen-Entwicklungsabteilung aufgegriffen und konsequent umgesetzt. 


Motor

Für das 3-Liter-Auto baute VW einen neuen, 19,5:1 verdichteten Dreizylinder-Dieselmotor aus Leichtmetall mit Pumpe-Düse- Einspritzung und (erstmals) einem Einspritzdruck höher als 2000 bar. Der Motor weist einen Hubraum von 1191 cm3 auf und ist mit 76,5 x 86,7 mm schon fast extrem langhubig. Zur Komfortsteigerung erhielt das Triebwerk Ausgleichswellen und selbstverständlich einen VTG-Turbolader mit Kühlung der Ladeluft. Im Motormanagement werden dem Motor zwei verschiedene Leistungskennfelder zugeordnet: Im Sport-Modus erreicht der Motor 45 kW bei 4000/min und 140 Nm zwischen 1800 und 2400/ min, das Verbrauchsziel wird jedoch kaum eingehalten. Daneben gibt es den Eco-Modus: Der Motor leistet nur noch 33 kW bei 3000/ min, und sein Drehmoment ist auf 120 Nm zwischen 1600 und 2400/ min begrenzt. Der beste spezifische Verbrauch liegt im Sport-Modus bei ca. 210 g/kWh, für einen Motor mit diesen kleinen Zylindereinheiten stellt das einen beachtlichen Wert dar. 


Getriebe

Das automatisierte Schaltgetriebe ist eine durch Hohlwellen und schmale Zahnräder gewichtsoptimierte Variante eines konventionellen Schaltgetriebes. Kupplungs-, Wähl- und Schaltbewegungsaktoren werden elektrohydraulisch betätigt. Das Getriebe kann auch über Antippen des Schalthebels angesteuert werden; in diesem Fall befindet sich der Motor jedoch automatisch im Sport-Modus. Im automatisierten Modus schaltet das Getriebe selber. Da es sich um eine sehr frühe Entwicklung aus den 90er-Jahren handelt, kann die Schaltqualität nicht mit den heute aktuellen ASG verglichen werden. Die Schaltdauer kommt dem Fahrer heute extrem lang vor. Verbunden wurde das System natürlich auch mit einem verbrauchsmindernden Start- Stopp-System. Steht das Fahrzeug still und sind die verlangten Parameter erfüllt (Batterieladezustand, keine grossen Verbraucher eingeschaltet, Motortemperatur), so stellt der Motor bei einem bestimmten Bremsdruck nach vier Sekunden ab. Beim Loslassen des Bremspedals startet das Aggregat selbstständig.


Luftwiderstand

Die aerodynamischen Werte konnten gegenüber dem Lupo SDI durch verschiedene Massnahmen von 0.32 auf 0.29 gesenkt werden. Diese stellen für einen Kleinwagen noch heute einen ausgezeichneten Wert dar. Erreicht wurde dies durch das geschlossene Kühlluftgitter und die Zufuhr der Luft zum Motor durch den Spoiler. Dieser Spoiler leitet die Luft besser um und verbessert den Luftwiderstand zusammen mit der kleinen, aber trotzdem wirkungsvollen Tieferlegung der Karosserie um 10 mm. Auch die Heckklappe erhielt am oberen Abschluss einen feinen Spoiler. Daneben wurden die Seitenschweller angepasst und der hintere Stossfänger erhielt beidseitig hinter den Rädern Diffusoren. Dies garantiert die optimale Aussenströmung an den Radkasten. Die Spurweite an der Vorderachse wurde aus dem gleichen Grund vergrössert, damit die Strömung auch bei den schmalen 155er-Reifen nicht abgelenkt wird. 


Gewichtseinsparung

Das Modell SDI ist mit 980 kg nicht gerade ein Schwergewicht. Mit grossem Aufwand und vielen hochtechnischen Detaillösungen ist es den Ingenieuren gelungen, fast jedes sechste Kilogramm zu eliminieren und dadurch die Gesamtmasse um 154 kg auf 826 kg zu drücken. Daran waren die Massnahmen am Fahrwerk mit 60 kg, jene an der Karosserie mit 50 kg, an Motor und Getriebe mit 26 kg und jene an der Ausstattung mit 18 kg beteiligt. Beispielsweise besteht das Lenkradskelett aus einer Magnesiumlegierung, während die Vorderachskonstruktion eine Kombination aus Aluminiumblech und Druckguss darstellt. Im Karosseriebereich wird der Materialmix zwischen Aluminium und Magnesium aus Korrosionsgründen etwas heikel. Die 10-jährige Erfahrung mit den Fahrzeugen zeigt jedoch, dass die VW-Fertigung dieses heikle Thema im Griff hatte und keine Korrosionsprobleme auftraten.


Fahrbetrieb

Der Lupo 3L ist sicher im Fahrbetrieb etwas speziell. Einerseits muss ihm beim Anfahren die nötige Zeit gewährt werden; bei nervösem Gasgeben verlieren sonst die Antriebsreifen gerne den Bodenkontakt. Bei nasser oder glatter Fahrbahn ist bei dem leichten Fahrzeug und den schmalen Reifen Vorsicht geboten. Es rutscht schnell und gern über die Vorderachse weg. Werden die Verbrauchsziele angepeilt, so muss dem Fahrer klar sein, dass die Minimalstrecke bei einer Fahrt 50 km nicht unterschreiten sollte. Der Motor kühlt sonst zu schnell wieder ab und muss zu häufig neu aufgewärmt werden. Daneben sollten auf der Autobahn die Tempolimiten nicht ausgefahren werden. Über 100 km/h steigt die analoge Momentan-Verbrauchsanzeige auf über 3 l/100 km. Werden diese beiden Richtlinien eingehalten, so fährt ein Lupo-3L-Fahrer auch nach zehn Jahren und über 130'000 km locker mehr als 1000 km mit einer Tankfüllung. Danach werden in der Regel zwischen 29 und 31 Liter Diesel eingefüllt. Nach vier Jahren und 1444 verkauften Autos verschwand der 3L aus dem Angebot der AMAG. Das Volkswagenwerk hatte die Produktion infolge mangelndem Kundeninteresses – aus heutiger Sicht – allzu früh eingestellt. Volkswagen hat für das kommende Jahr den Polo Bluemotion II angekündigt. Dieser soll mit 3,3 l/100 km den Verbrauchswert des aktuellen Leaders (Smart Cdi) egalisieren. Wohlverstanden – um Sparweltmeister handelt es sich natürlich bei beiden nicht, da sie nach wie vor zehn Prozent mehr Dieseltreibstoff konsumieren als der vor zehn Jahren lancierte VW Lupo 3L.

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