07.07.2009

Speziallacke erfordern wesentlich mehr Fläche

Im dritten Teil der Dokumentation über Farbtonproblematik bei der Reparaturlackierung werden die Schwierigkeiten bei Effektbeschichtungen und das Phänomen der Metamerie behandelt. Da kommen ganz ­spezielle Probleme auf den Lackierer zu.

Speziallacke erfordern wesentlich mehr Fläche

 

VON CHRISTOPH FLÜCKIGER


Die Evolution der Automobilproduktion verläuft parallel mit jener der Lacktechnologie. Die ersten Automobile waren ausschliesslich in Schwarz erhältlich. Das hat die Arbeit der Lackierer im Schadenfall wesentlich vereinfacht. 
Mit dem technologischen Fortschritt wurden die Farben bunter und in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts kamen zunehmend Metallic-Lackierungen zum Einsatz. Aluminium-Effektpigmente bestehen aus kleinen, plättchenförmigen Teilchen, die einem Lack seinen Charakter und Flop (unterschiedliche Hell- / Dunkelschattierung bei verschiedenen Betrachtungswinkeln) verleihen. Je nach Form und Grösse resultieren unterschiedliche Effekte. In der Serienlackierung werden über 20 verschiedene Metall-Effektpigmente eingesetzt. In den Reparaturlacksystemen kommen, je nach Hersteller, lediglich 8 bis 10 verschiedene Pigmente zum Einsatz.
Die Aluminium-Effektpigmente werden seit einiger Zeit durch verschiedene Perlglanz- und Xirallicpigmente ergänzt. Effektpigmente werden einzeln oder in Kombination mit und ohne Zusatz von Buntlack appliziert.

Ursachen
In der Automobilproduktion kommen sowohl Cornflake-Formen wie auch seit einiger Zeit sogenannte Silberdollar-Formen vor. Die Aluminiumpigmente mit Cornflake-Form streuen das Licht, bedingt durch die strukturierte Oberfläche, mehr. Dadurch scheint der Aluminiumeffekt im Vergleich zu den neuen, brillanten Silberdollar-Plättchen fahler.
Für den Lackierer stellen die neuen Effekte jedoch eine grosse Herausforderung dar: Beim Auslackieren der Silberdollarpigmente werden diese aufgrund der geänderten Reflexion dunkler.
Ebenfalls problematisch können gewisse Perleffekt- oder Xiralliclackierungen in der Reparaturlackierung sein. Die meist bunten und kräftigen Farbtöne sind applikationstechnisch bezüglich Beilackierung relativ unproblematisch.
Allerdings neigen viele Lacke dazu, unter Sonneneinfluss ex­treme Farbveränderungen vorzunehmen. Da der Reparaturlack nie mit dem Serienlack identisch ist, differiert dieser Effekt unter Umständen stark.

Abhilfe
Für das Auslackieren von Silber oder sehr hellen Farbtönen braucht der Lackierer viel mehr Fläche als bei bunten und dunklen Farben. Der erfahrene Lackierer ist in der Lage, einen nicht oder kaum sichtbaren Übergang im Reparaturbereich herzustellen, wenn dieser Platz vorhanden ist. Vorgenannte Faktoren sind auch hier relevant: Je höher die Gürtelhöhe des Fahrzeuges und je weniger Anbauteile in Kontrastfarbe vorhanden sind, umso schwieriger ist die Aufgabe. Erschwerend kommt hinzu, dass insbesondere Silber sehr anfällig ist für Schleifriefen: Werden die beim Schleifen entstehenden Kratzer nicht genügend mit Basislack abgedeckt, sind diese nach dem Lackieren als Fehlstelle sichtbar.
Der eigentliche Ausspritzbereich beginnt also erst nach der durch die Instandstellung aufgerauten Stelle. Mittels spezieller Lackiertechnik und unter Mithilfe von so genannten Colorblendern ist es möglich, den Lackübergang unsichtbar herzustellen. Dazu sind, je nach Problematik, rund 50 bis 100 Zentimeter notwendig.

Zeigen Lichtquellen falsch an?
Metamerie bedeutet, dass zwei unterschiedliche Farben unter einer identischen Lichtquelle zufällig gleich aussehen. Werden die beiden gleichen Farben mit einer Lichtquelle mit abweichender Farbtemperatur betrachtet, unterscheiden sie sich.
Die Farbtemperatur wird in Kelvin angegeben. Hier einige Beispiele:
• Halogenlampe 3000 K 
• Leuchtstofflampe Kaltweiss 4000 K 
• Morgen-/Abendsonne 5000 K 
• Mittagssonne 5500 – 5800 K 
• Nebel, starker Dunst 7500 – 8500 K 
• Blauer Himmel (ohne Sonne) 9000 – 12000 K
Daraus ist ersichtlich, dass im Laufe des Tages unterschiedliche Wellenlängen des Lichtes vorhanden sind. 
Nicht unter den Begriff der Metamerie fallen spezielle Effektlacke, welche je nach Lichtquelle und Einfallswinkel ihre Farbe ändern. Diese Problematik wird unter Effektpigmente behandelt.

Ursachen
Beim Serienlack und dem Reparaturlack handelt es sich um zwei verschiedene Farben. Auch so genannte Originallacke, also Reparatursysteme, welche über den Kanal des Automobilherstellers vertrieben werden, sind keine Serienlacke. Vielmehr sind sie mit den im freien Markt erhältlichen Systemen absolut identisch (zum Beispiel Mercedes-Benz / Standox) Natürlich versuchen die Lackhersteller, die Rezepturen des Reparaturlackes dem Original so gut wie möglich anzupassen. Dies gelingt jedoch nicht in jedem Fall.
Von der Metamerie sind grundsätzlich alle Farben betroffen. Allerdings sind sie bei dunklen Farbtönen nicht oder kaum wahrnehmbar. So kann Schwarz uni in jedem Fall problemlos nachlackiert werden. Die Metamerie ist besonders ausgeprägt bei Gelb und in reduziertem Umfang bei Weiss. So kann sich unter Kunstlicht ein Sonnengelb zu einem Rapsgelb verändern. Sehr gut ist das auf dem Bild des Schwellerbereiches oben festzustellen. Sehr unterschiedlich reagieren bleifreie und bleihaltige Pigmente.

Abhilfe
Grundsätzlich darf eine Reparaturlackierung unter normalen Tageslichtbedingungen nicht sichtbar sein. Gemäss allgemeiner Meinung ist das Nachlackieren von Unifarben problemlos. Dass dies nicht so ist, sieht man an den zahlreichen Beispielen auf unseren Strassen: Insbesondere beim Farbton Gelb sind Fahrzeuge anzutreffen, welche gleich mehrere Farbvarianten aufweisen. Hier muss jedoch festgehalten werden, dass schon viele Neufahrzeuge mehrfarbig sind. Und dies aus einem logischen Grund: Zum Teil werden Stossstangen, Spoiler, Zierleisten oder Spiegelgehäuse bereits fertig lackiert ins Automobilwerk geliefert. Und diese Teile sind dann ebenso von der Metamerie betroffen, wie eine allfällige Reparaturlackierung. 
Es liegt in der Erfahrung und der Fachkompetenz des Lackierers, zu entscheiden, wie bei einem heiklen Farbton vorgegangen werden soll. Bei sehr problematischen Farbtönen wird er entscheiden müssen, ähnlich wie bei Effektlacken, eine Beilackierung vorzunehmen. Es versteht sich von selbst, dass er die Überprüfung bei möglichst neutralem Licht durchführt. Eine Hilfe dazu sind die neuen, auf dem Markt vorhandenen Tageslichtstrahler. 

Gelb bleibt problematisch
Viele Gelbpigmente, teilweise aber auch Rottöne, neigen dazu, im Ausspritzbereich die Farbe zu ändern und scheinen stark rötlich. Wie auch bei anderen problematischen Farbtönen muss in diesem Fall genügend Fläche vorhanden sein, damit zusammen mit Colorblender eine nicht sichtbare Beilackierung vorgenommen werden kann. Da 2-Schicht Basislacke von diesem Effekt stärker betroffen sind als herkömmliche 2-Komponentenlacke, kann die Reparaturlackierung auch mit diesen erfolgen. Damit die UV-Beständigkeit wiederhergestellt werden kann, müssen diese Lacke jedoch anschliessend an die Trocknung noch mit einem Klarlack überzogen werden.

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