06.07.2009

«Reparaturmarkt leidet nicht spürbar»

Die Verwerfungen in der Bankenlandschaft und die Schwäche der Weltwirtschaft haben im Sommer 2008 bekanntlich zu einem deutlichen Einbruch des weltweiten Automobilabsatzes geführt. Während man in der Vergangenheit Rückgänge in einzelnen Märkten durch erhöhte Verkäufe in anderen Ländern ausgleichen konnte, waren plötzlich alle Kanäle verstopft. Gleichzeitig hat die Überproduktion verstärkt auf die Restwerte gedrückt. Die Konsequenzen für die Hersteller sind bekannt:

«Reparaturmarkt leidet nicht spürbar»

Die oft erfolgsverwöhnten Autobauer mussten drastische Gewinneinbrüche bzw. Verluste verkraften. Bereits vorher geschwächte Hersteller mussten Insolvenz anmelden (Saab, Chrysler, GM). Ohne die Hilfe des jeweiligen Staates wären noch mehr in die Knie gegangen. Man kannte ja bisher nur eine Richtung und die ging immer weiter nach oben. Durch übertriebene Planungen ist man an der Situation deshalb nicht ganz unschuldig.

 

Der Handel ist von der Misere ebenso betroffen. Zahlreiche Vertriebspartner haben sich auf die Prognosen Ihres Herstellers verlassen und ihre Kapazitäten danach ausgerichtet. Man kämpft also einerseits mit der Absatzflaute, andererseits erzeugen die Leasingrückläufer aufgrund der Abwertung der Bestände hohe Verluste. Abhilfe bescherten die Verschrottungsprämien, die in vielen Ländern eingeführt wurden. Die Konsequenzen: In den ersten fünf Monaten wurden in Westeuropa mit 5,6 Millionen 12,6 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum neuzugelassen. Es kamen damit 800‘000 Autos weniger neu auf die Strasse als 2008.

 

Die Verluste wären allerdings ohne die staatlichen Konjunkturprogramme noch verheerender ausgefallen. Die Analysten des Marktforschers Polk aus Essen (D) beispielsweise rechnen in Westeuropa jetzt mit ca. 12,6 Millionen Personenwagen weniger. Das wäre ein moderates Minus von sieben Prozent. Allein in Deutschland kann man im Jahresverlauf von mindestens 500‘000 bis 600‘000 Neuwagen ausgehen, die aufgrund der Umweltprämie zusätzlich verkauft worden sind. Gleichzeitig hat sich die Stimmung im Handel deutlich verbessert. In Europa dürften es damit weit mehr als eine Million zusätzliche Verkäufe werden. 

 

Die Förderprogramme haben die kurzfristigen Erwartungen also voll erfüllt.  Ohne Verschrottungsaktion wäre der Markt drastisch eingebrochen. Es ist zwar klar, dass Verkäufe vorgezogen wurden. Da sich allerdings vor allem Occasions-Käufer mit älteren Fahrzeugen für ein neues Auto entscheiden, wird die Lücke im kommenden Jahr nicht so gross ausfallen, wie es die Pessimisten vermuten. Polk rechnet für 2010 auf den westeuropäischen Märkten mit einem Volumen von 11 Millionen. Das wäre ein Rückgang um 12,5 Prozent gegenüber 2009. Für 2011 erwartet man dann mit 12,8 Millionen Neuwagen eine Steigerung um 16 Prozent.

 

Das Argument, dass mit der Verschrottung von alten Autos der Reparaturmarkt spürbar leiden wird, lässt sich ebenfalls nicht belegen. Der Wegfall der automobilen Methusalems hat die Werkstätten nicht ernsthaft geschädigt. Es handelt sich nur um wenige nicht verkaufte Stunden, die im Durchschnitt pro Jahr und Betrieb wegfallen. Bekanntlich zählen Besitzer von alten Autos nicht gerade zu den vorbildlichsten Werkstattbesuchern. Es wäre also wünschenswert, dass sich möglichst viele Länder für dieses Fördermodell entscheiden. Allein aufgrund der zusätzlichen Einnahmen durch die Mehrwertsteuer werden die oft unterfinanzierten Haushalte so gut wie nicht belastet. Wenn darauf verzichtet wird, verpasst man eine Chance, den heimischen Markt zu beleben und damit die Wirtschaft anzukurbeln.

 

Die Endlichkeit dieser Aktionen ist allerdings Fakt. Jeder Akteur in der Branche muss sich deshalb fragen, wie es künftig weitergeht. Zum hundertjährigen Jubiläum des Autogewerbes hat das führende Branchenmagazin AUTOHAUS deshalb 400 deutsche Autohändler im Rahmen der aktuellen Online-Befragung AUTOHAUS Pulsschlag zu den künftigen Perspektiven der Branche befragt. Die Zukunftsaussichten werten dabei nur 57 Prozent der Befragten als gut bzw. sehr gut. Fast die Hälfte ist mit den künftigen geschäftlichen Möglichkeiten unzufrieden (Abb. 2). Viele fragen sich also, wie die Zukunft aussehen wird.

 

Einen weiteren Aufschwung im Fahrzeuggeschäft wird es vermutlich nicht mehr geben. Der Strukturwandel  wird sich nach Meinung der Interviewten weiter in Richtung Händlergruppen und Mehrmarkenhandel entwickeln. Mehr als die Hälfte der Befragten geht auch von einer Zunahme der Direktverkäufe der Hersteller an Mitarbeiter oder Mietwagenfirmen aus. Die Mindestgrös­se eines Händlerbetriebs wird von 33 Prozent mit über 250 Neuwagenverkäufen pro Jahr angegeben. 17 Prozent sind aber auch der Meinung, dass auf die Höhe der Verkäufe ankommt. Die grössten Chancen rechnet sich der deutsche Handel in den Bereichen Aftersales  (Abb. 1) und Gebrauchtwagenverkauf aus (Abb. 3).  Beim Handel aus zweiter Hand gehen die Interviewten vor allem davon aus, dass der Fabrikatshandel mit der GW-Marke des Herstellers oder Importeurs noch verstärkt Marktanteile gewinnen wird. Dies ist ein klares Signal an den Lieferanten, die Aktivitäten zu verstärken und Budgetkürzungen zu vermeiden.

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