29.03.2011

«Umweltfreundlichkeit und Energieeffizienz stehen im Zentrum»

Nach einem überraschend erfolgreichen 2010 erwartet Max Nötzli auch 2011 eine gleich hohe Nachfrage nach neuen und effizienten Autos. Ein wichtiger Impuls dabei ist jeweils der Auto-Salon in Genf, wo die wichtigsten Neuheiten des Jahres gezeigt werden. Der Präsident der Importeursvereinigung auto-schweiz erklärt im Interview, was der Wechsel an der Salon-Spitze für Auswirkungen hat, warum die Schweiz die EU-Emissionsgrenzwerte nicht erreichen kann und warum das Automobil trotz Kritik so populär ist.

«Umweltfreundlichkeit und  Energieeffizienz stehen im Zentrum»

«Es gibt keinen sachlichen Grund, gegen die Autobranche zu sein.» Max Nötzli, Präsident auto-schweiz.

Mit Max Nötzli sprach Lukas Hasselberg

AUTO&Wirtschaft: Was erwarten Sie vom kommenden Auto-Salon in Genf?


Max Nötzli: Der Genfer Automobilsalon gibt traditionell immer Impulse für das Jahr als wichtigste Frühlingsausstellung. Vor allem die Neuheiten sind entscheidend. Eine Marke mit Premieren in Genf liegt meistens im Plus. Insbesondere ist Genf ein sehr beliebter Salon um Neuheiten zu zeigen. Das ergibt eine positive Stimmung für das Auto.

Ist der Stellenwert des Genfer Auto-Salons im internationalen Messekalender nach wie vor hoch?

Der Genfer Salon gehört nach wie vor zu den absoluten Top-Automessen. Genf findet jedes Jahr statt, das gibt’s sonst nur noch in Detroit. Der Stellenwert im Messekalender ist sehr hoch und Genf ist sehr beliebt für die grossen Autohersteller als hervorragende Plattform. Und in Genf gibt es keinen Heimmarkt, weshalb die Zusammenstellung der Aussteller nirgendwo so ausgewogen wie bei uns ist.

Mit wie vielen Besuchern rechnen Sie?

Mit 700000 Besuchern kann man wieder rechnen. An den be­sucherreichsten Tagen ist das obere ­Limit erreicht. 2011 werden die Alleen wieder verbreitert zu ­Ungunsten der Aussteller, aber das ist gut für die Zuschauer.

Was für Auswirkungen wird der Weggang von Generaldirektor Rolf Studer und Präsident Luc ­Argand haben?

Wenn der Präsident und der Generaldirektor zusammen gehen, ist das happig. Aber durch die Doppelvakanz wurde die Nachfolge früh bestimmt und der neue Generaldirektor André Hefti begleitet jetzt schon die Vorbereitung. Hefti ist schon so lange in der Aussteller-Kommission dabei, er kennt den Salon perfekt. Beim neuen Präsidenten Maurice Turrettini sind die Kenntnisse des Salons weniger ausschlaggebend, aber diese Position ist auch mehr repräsentativ als operativ geprägt. Ich habe da ein sehr gutes Gefühl mit dem neuen Team mit einer guten Übergangszeit.

Wohin geht der Trend bei den ­Neuheiten 2011?

Umweltfreundlichkeit und Energieeffizienz stehen absolut im Zentrum. Und auch die Besucher stellen die entsprechende Nachfrage. Lange vor Leistung und Höchstgeschwindigkeit. Wir haben Untersuchungen gemacht im ersten Halbjahr 2010 bei der Werbung gegenüber 2006: Ganz markant haben die Hauptthemen gewechselt zu Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit. Das wird auch das Thema bei den Neuheiten sein. Zudem wird das Downsizing zentral sein. Motoren werden kleinere Hubräume haben: gleiche Leistung bei weniger Verbrauch.

Ist die Elektrifizierung weiterhin dominierendes Thema bei den Ausstellern?

Klar ist: Das ist der Weg der Zukunft. Elektrische Mobilität wird auf lange Sicht den Verbrennungsmotor ablösen und durch nachhaltige Energie ersetzen. Es wird kaum einen Aussteller in Genf geben, der kein E-Mobil auf dem Stand präsentiert.

Können die Hersteller die politischen Vorgaben bei den Emissions-Grenzwerten erreichen?

Als Emissionsgrenzwert gilt die EU mit ihren Zielen. Es gehen viele davon aus, dass die Grenzwerte erreicht werden können. In der Schweiz ist das ein Ding der Unmöglichkeit, weil sie alleine dasteht. In der EU wird der Durchschnitt aller 27 Mitglieder errechnet und es wird kein einzelnes Land isoliert angeschaut. Entscheidend ist das Mittel. Die Schweiz hat keine ausgleichenden Möglichkeiten. Bis 2015 einen Durchschnittsausstoss von 130 g/km CO2 zu erreichen, ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Bei Grenzwerten von 130 g/km CO2: Wird es in Zukunft überhaupt noch faszinierende Sportwagen, Luxuslimousinen und SUVs geben?

Das wird es weiterhin geben, nur muss man dafür mehr zahlen. Das ist der Unterschied zu der Offroader-Initiative, die ein Verkaufsverbot verlangt. Bei den CO2-Grenzwerten zahlt man entsprechend mehr für ein Auto. Das Vergnügen und der Luxus werden noch teurer. Das finden wir nicht gut, aber wenigstens kann man diese Autos kaufen und sie werden nicht verboten. Unverzichtbar sind diese Autos natürlich nicht. Aber trotzdem gibt es eine stabile Nachfrage.
Ursprünglich sah der Bundesrat vor, dass das Geld, das für den CO2-Ausstoss über dem Grenzwert gezahlt wird, an jeden Bürger zurückgeht, zum Beispiel via Krankenkassenverbilligung. auto-schweiz hat dagegen einen Vorstoss lanciert, dass die Bussen in der Branche bleiben, etwa für Anreizsysteme bei sparsamen Autos oder Verschrottungsprämien für alte Autos. Das würde Sinn machen. Wir haben über eine Million Autos, die 13-jährig und älter sind.

Warum ist das Automobil so unter Beschuss, sind doch die grössten Emissionäre viel eher veraltete Heizungen bzw. Isolationen, der Schiffsverkehr, die Luftfahrt und die Industrie?

Das hat eine ganz lange Geschichte. Autos waren immer unter Beschuss, so gab es ja sogar Anfang des 20. Jahrhunderts im Kanton Graubünden ein 25-jähriges Fahrverbot. In der Schweiz haben wir eine sehr starke Eisenbahn als Konkurrenz. Diese ist ein Eigengewächs. Autos in der Schweiz sind ausländische Produkte, die Eisenbahn ist etwas Schweizerisches und hat dadurch was das Image betrifft die Nase gegenüber dem Auto vorn.
Es gibt keinen sachlichen Grund, gegen die Autobranche zu sein, da sie am meisten umweltmässig geleistet hat gegenüber anderen Industriezweigen. Was Umweltbelastung und Effizienz anbelangt, ist der Fortschritt unglaublich, zudem bewältigt der motorisierte Verkehr den grössten Teil des Personen- und Gütertransports. Unsere Gesellschaft könnte ohne Strassenverkehr nicht existieren. Allein um den Personenverkehr abdecken zu können, müsste die Bahn-Infrastruktur verdoppelt werden.

Warum ist das Interesse am Automobil trotz der Diskussionen weiterhin ungebrochen?

Für mich ist das Zentralste der Wunsch nach Mobilität. Das ist ein menschlicher Urinstinkt. Das GFS hat zum Beispiel 2010 eine Umfrage gemacht, auf was die Menschen verzichten würden: Da wird auf Ferien, Essen oder Kleider verzichtet, aber nicht aufs Auto. Das ist für uns erfreulich und lässt uns hoffen, dass das Interesse am Automobil weiterhin ungebrochen sein wird.

Rechnen Sie mit einem weiteren Anstieg der Neuwagenverkäufe in der Schweiz? Werden wir 2011 die 300000er-Marke erreichen?

Wir haben für 2010 285000 Neufahrzeuge prognostiziert, jetzt sind wir bei 294000. Für 2011 haben wir im November 290000 prognostiziert und es gibt keinen Grund, dass wir vorsichtig prognostizieren müssen, daher rechne ich 2011 mit 295000 bis 300000 Neuwagen.

www.auto-schweiz.ch

SUCHEN

PROBEHEFT
BESTELLUNG

Telefon 043 499 18 60
Telefax 043 499 18 61
info@awverlag.ch