Downsizing auf zwei Zylinder verteilt
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Fiat feilt am sparsamen Ottomotor, mit dem der Konzern sowohl leistungsmässig wie auch punkto Verbrauch in die Zukunft fahren will. Während andere Automobilhersteller hubraumkleinere, aufgeladene Motoren mit drei und vier Zylindern präsentieren, verfolgt Fiat das Downsizingkonzept noch konsequenter und besinnt sich auf die Wurzeln der Firmengeschichte.
Der erfolgreiche 500 (hier mit Vierzylindermotor) wird künftig mit einem sparsamen, aufgeladenen Zweizylinder-Reihenmotor erhältlich sein. Das nur 35 cm lange Triebwerk soll später auch als Erdgasvariante auf den Markt kommen.
VON ANDREAS SENGER
Manchmal schadet es nicht, in die Archive zu steigen und zu schauen, welche technischen Lösungen vor langer Zeit umgesetzt wurden. Fiat galt schon immer als Volkswagen Italiens: Um die Massenmotorisierung südlich des Gotthards voranzutreiben, wurden seit je her leichte und preisgünstige Kleinwagen auf die Strasse gestellt.
Vor ein paar Jahrzehnten war es zwar für alle Hersteller wichtig, preisgünstige Autos anzubieten. Sparsamkeit und geringer Schadstoffausstoss wurden aber erst in der Neuzeit überlebenswichtig.
Zurück zu den Wurzeln mal 2
Der vor drei Jahren lancierte Fiat 500 im Retrolook nimmt die Historie des Konzerns auf. Im Gegensatz zu anderen Automobilbauern verzichtet der italienische Hersteller nun neu auf einen hubraumgestutzten Drei- oder Vierzylinder-Downsizingmotor und entwickelte bewusst einen Zweizylinder-Reihenmotor. Die Vorteile liegen auf der Hand: Weniger bewegte Teile bedeuten weniger Reibverluste, und die thermodynamisch optimalen Brennräume von einem halben Liter pro Zylinder bewirken eine gute Verbrennung und damit geringe Rohemissionen. Dies ergibt von der Konstruktion her einen besseren Wirkungsgrad, welcher dank Abgasturboaufladung und modernster variabler Einlassventilsteuerung noch einmal gesteigert wird. Mit dem neu entwickelten aufgeladenen Zweizylinder-Ottomotor präsentiert Fiat ein Downsizingtriebwerk, dass mit vielen technischen Innovationen aufwartet. Die beiden miteinander laufenden Kolben des Reihenmotors durchlaufen ein Hubvolumen von je 437,7 cm3, was einen Gesamthubraum von 875,4 cm3 ergibt.
Die Bohrung des Langhubers beträgt 80,5 mm und der Hub 86 mm. Die 360° Zündversatz sind schwingungstechnisch ein Problem: Mit den Kurbelwellengegengewichten alleine lassen sich die Massenkräfte der oszillierenden und rotierenden Massen von Kolben, Pleuel und Kurbelzapfen nicht ausgleichen.
Deshalb verbaut Fiat eine gegenläufig zur Kurbelwelle rotierende Ausgleichswelle mit zwei Gegengewichten. Um die 360° Kurbelwellenwinkel von Arbeits- zu Arbeitstakt zu überbrücken, wird zudem ein massives Schwungrad eingebaut. Das Motorlayout bewirkt eine ungewohnte Klangkulisse, an die sich künftige Kunden gewöhnen müssen.
Die maximale Leistung der ab September erhältlichen Basisstufe beträgt 62,5 kW/85 PS bei 5500/min und das Drehmomentmaximum wird mit 145 Nm bei 1900/min angeben. Eine ECO-Taste lässt die Verbrauchswerte und somit den Kohlendioxidaustoss noch weiter schmelzen. Dies allerdings auf Kosten der Sportlichkeit. Es stehen nur noch 57 kW/78 PS bei 5500/min und 100 Nm bei 2000/min zur Verfügung. Weitere Leistungsvarianten werden folgen.
Optimale Gaswechselsteuerung
Der quer eingebaute TwinAir-Motor verfügt über das in der AUTO&Technik 7-8/2010 auf Seite 14 bis 16 detailliert vorgestellte MultiAir-System. Dabei sitzt eine Nockenwelle im Zylinderkopf (auf der Auslassseite angeordnet), welche über eine Steuerkette von der Kurbelwelle angetrieben wird. Nur die Auslassventile werden direkt von der Nockenwelle via Schlepphebel betätigt.
Die Einlassnocken erzeugen via einen Rollenschwinghebel einen hydraulischen Geberzylinder. Die eingeschlossene Motorölmenge betätigt via Kraftübertragung über die Flüssigkeit einen Nehmerzylinder, welcher das Auslassventil betätigt. Mittels elektromagnetisch gesteuertem Ventil kann die Ventilbetätigung durch Druckablassen verändert werden. Somit gestalten sich die Ventil-Steuerzeit wie auch der -Hub je nach Last und Drehzahl innerhalb der Nockenform flexibel.
Um möglichst viel Benzin-Luft-Gemisch in den Zylinder zu fördern, wird der nur 35 cm lange und 85 kg schwere Motor mittels Abgasturbolader zwangsbeatmet. Im Zusammenspiel von Aufladung und einer hohen Verdichtung von 10:1 werden optimale Voraussetzungen für die Verbrennung bereitgestellt.
Kombiniert mit einem manuellen 5-Gang-Getriebe gibt das Werk folgende EU-Verbrauchswerte an: 4,9/3,7/4,1 l/100 km. Gekoppelt mit einem automatisierten Getriebe «Dualogic» sind mit 4,6/3,6/4 l/100 km noch geringere Verbräuche auf dem Prüfstand gemessen worden. Die Fahrleistungswerte für die Beschleunigung aus dem Stand auf 100 km/h werden von Fiat mit 11 s und die Höchstgeschwindigkeit mit 173 km/h angegeben.
Zukunftspotential
Das aus polnischer Produktion stammende Zweizylinder-Triebwerk weist eine Saugrohreinspritzung auf. So konfiguriert soll in Kürze als Ergänzung eine Erdgasvariante möglich sein, bei der die Gasventile zusätzlich auf das Saugrohr montiert werden und somit der bivalente Betrieb (Benzin/Gas) realisierbar ist. Dank der kurzen Baulänge denkt Fiat zudem über eine Hybridvariante nach. Hier könnte aber auch gleich ein Schritt in die ferne Zukunft angedacht und das Triebwerk für einen Range-Extender (Reichweitenerhöher) eines Elektromobils in Erwägung gezogen werden. Weitere Leistungsstufen des Basistriebwerks sind zudem in Planung.