Wenn das eigene Auto zum Verräter wird
Posted by: Isabelle Riederer
Moderne Autos sind Datensammelmaschinen. Doch wie viel weiss ein Auto wirklich über seine Besitzer:innen? AUTO&Wirtschaft macht einen erschreckenden Selbstversuch.
Christoph Elmerhaus, Key Account Manager und Produktspezialist Fahrzeugdiagnose bei TÜV Nord, kann mit dem Guardian schnell und einfach die Daten eines Fahrzeugs auslesen.
Du denkst dein Smartphone weiss viel über dich? Dein Auto ist nicht besser! Aber der Reihe nach. Ich fahre seit Mai 2021 einen Fiat 500C. Zu Navigationszwecken, für die Unterhaltung und die Kommunikation nutze ich im Auto mein Smartphone, wie Millionen anderer Autobesitzer:innen auch. Dass Autos Daten sammeln, ist mir nicht neu, aber welche Daten, das wusste ich nicht. Bis jetzt! Christoph Elmerhaus, Key Account Manager und Produktspezialist Fahrzeugdiagnose bei TÜV Nord nimmt mein Auto unter die Lupe mit dem neuen TÜV Nord Guardian, einem von der Prüfgesellschaft entwickelten Auto-Dongel, den man an der OBD-Stelle einsteckt und der kaum grösser ist als eine Zündholzschachtel.
Die OBD-Stelle im Fahrzeug findet sich links unten neben dem Lenkrad. Einstecken und los geht’s. Innerhalb weniger Minuten ist der Dongel in der Lage meine Daten auszulesen, eine Fehleranalyse durchzuführen, sowie den Kilometerstand und die Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) zu prüfen. «Alles, was ein Smartphone kann, kann ein Auto auch», sagt Elmerhaus. Kurzum: Mein Auto kennt meine Navigationsziele, meine Wohnadresse, meine Musikvorlieben, ja sogar meine Kreditkartennummer – da ich meine Musik streame und mein Streaminganbieter natürlich meine Kreditkarte hat. Elmerhaus: «Hätte dein Auto eine Kamera, könnte man auch die Aufnahmen auslesen.» Ich bin schockiert.
Aber das Schlimmste: jeder, der mein Auto nutzt oder künftige Besitzer:innen können sich mit einfachen Tricks Zugang zu diesen Daten schaffen, da sie im Fahrzeug gespeichert sind. Ein Knopf wie bei einem Smartphone, um das Gerät auf Werkseinstellung zurücksetzen, gibt es bei Fahrzeugen nicht. «Vor allem kann man schnell bestimmte Muster erkennen, wenn eine Mutter zum Beispiel jeden Morgen ihr Kind in den Kindergarten fährt, dann ist klar, dass in dieser Zeit niemand Zuhause ist, Einbrecher hätten da leichtes Spiel», erklärt Elmerhaus.
Auch Ursula Sury, Rechtsanwältin, Professorin an der Hochschule Luzern und renommierte Schweizer Datenschützerin kennt das Problem: «Betroffene Personen müssen darüber informiert werden, dass ihre Daten beim Benützen eines Fahrzeugs aufgezeichnet werden. Zudem muss eine Möglichkeit zur Löschung gegeben sein.»
Und genau hier setzt der Guardian wieder an, denn er ist in der Lage innert weniger Minuten eine komplette Löschung der Daten in einem Fahrzeug vorzunehmen. «Eigentlich müsste man das nach der europäischen Datenschutzverordnung seit zehn Jahren bereits machen, doch bisher gab es keine vernünftige Möglichkeit», sagt Elmerhaus. Der Experte und sein Team nutzen den Guardian bei TÜV Nord seit dem Sommer und haben bereits mehr als 3000 Löschungen vorgenommen. Auch in der Schweiz ist der Auto-Dongel seit kurzem erhältlich. Vertriebspartner ist Adrian Schnell, Geschäftsführer von Autofaszination. «Als ich davon erfuhr, war mir sofort klar, dass diese Technologie die Lösung für ein grosses Problem ist. Zudem ist TÜV Nord eine renommierte Referenz», erklärt Schnell.
Vor allem für Autohändler:innen, Garagen, Autovermietungen aber auch Privatpersonen ist der Guardian ideal, denn nach jeder Löschung erhält die Autobesitzerin oder der Autobesitzer per Mail eine TÜV-Bescheinigung, dass die Daten komplett gelöscht wurden und niemand mehr darauf Zugriff hat.