28.06.2018

WLTP: Lieferengpässe bei Hersteller und die Schlacht um Prüfstände

Die Umstellung auf den neuen Prüfzyklus WLTP macht zahlreichen Autoherstellern das Leben schwer. Weil es zu wenig Prüfstände hat, kommt es zu Lieferengpässen und Wartezeiten. Darunter leiden auch die Schweizer Importeure, ihre Händler und deren Kunden.

WLTP: Lieferengpässe bei Hersteller und die Schlacht um Prüfstände

Der neue Abgasmesszyklus WLTP setzt die Autohersteller mächtig unter Druck. Bei der Zulassung von Neuwagen gelten ab dem 1. September neue Regeln für die Abgasmessung. Im Labor löst der Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure-Zyklus (WLTP) den bisher geltenden Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) ab. Der WLTP soll endlich realistischere Werte für den Verbrauch liefern, indem er das Fahrverhalten auf der Strasse besser simuliert.

 

Doch der WLTP bürdet den Herstellern massiv mehr Arbeit auf. Weil es an Prüfständen und Personal fehlt, sind viele Modelle plötzlich nicht mehr lieferbar. Kunden können bestimmte Modellvarianten von BMW, Porsche, Mercedes, Audi, VW und vielen anderen Herstellern im Moment nicht mehr bestellen oder warten monatelang auf deren Auslieferung. Einzelne Varianten werden komplett gestrichen oder für mehrere Monate aus dem Verkaufsprogramm genommen.

 

«Es ist richtig, dass sich grundsätzlich der Zertifizierungsaufwand beim WLTP im Vergleich zum NEFZ ungefähr verdoppelt hat. Wir befinden uns jedoch auf der Zielgeraden und haben die WLTP Zertifizierung seitens Daimler nahezu vollumfänglich durchgeführt. Unser Plan, bereits bis September 2018 über 30 aktuell verfügbare Modelle und über 200 Varianten auf die Euro 6d TEMP Norm umgestellt zu haben, die für alle Fahrzeuge erst ab dem 1. September 2019 verpflichtend sein wird, steht», erklärt Mercedes-Benz Schweiz auf Anfrage von AUTO&Wirtschaft.

 

Wegen der neuen Abgastestverfahren muss Volkswagen gar die Produktion in seinem Stammwerk Wolfsburg unmittelbar nach dem Werksurlaub Ende Juli pro Woche für ein bis zwei Tage stoppen, wie die Automobilwoche berichtet. Wie der Autobauer vergangenen Dienstag intern seinen Mitarbeiter mitteilte, sollen diese Stopps bis Ende September dauern. Auch im Werk Zwickau sind fürs dritte Quartal teils vereinzelte Schliesstage angesetzt, teils entfallen einzelne Schichten.

 

Die Autohersteller haben zwar ihre eigenen WLTP-Prüfstände, sind aber auch auf die Unterstützung von Prüforganisationen wie Tüv, Dekra oder ADAC angewiesen. Die Prüfdienstleister haben seit Monaten Hochkonjunktur. Denn ausser den neuen WLTP-Tests müssen viele Hersteller auf Anweisung des Kraftfahrt-Bundesamts auch noch Teile ihrer Dieselflotten nachmessen lassen.

 

Die Einführung des WLTP wurde im Juni des vergangenen Jahres beschlossen. Der damalige VW-Chef Matthias Müller kritisierte die kurze Zeit zwischen Inkrafttreten der neuen Regeln und dem Erlass. «Es gab viel zu wenig Zeit für die Autohersteller, um zu reagieren», sagte Müller damals. «Es ist ein Gerangel um die Prüfstände im Gange.» Dabei kam die Umstellung auf den WLTP nicht überraschend für die Autoindustrie, lange hatten die Konzerne versucht, strengere Verbrauchsprüfungen zu verhindern. Leidtragende sind nun die Händler und ihre Kunden. (ir)

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