21. Mai 2014

AGVS wehrt sich gegen ASTRA-Pläne

Der AGVS ist mit den Absichten des Bundesamts für Strassen ASTRA, die Prüfungsintervalle für Personenwagen zu verlängern, überhaupt nicht einverstanden. An einer Medienkonferenz kommunizierte er zu dieser Ablehnung stichhaltige Argumente und eine vermutete Ursache für die riskanten Pläne.

AGVS wehrt sich gegen ASTRA-Pläne

Gegen 6-3-2-2 (v.l.): Urs Wernli und Markus Peter vom AGVS sowie Bernhard Gerster, Abteilungsleiter Automobiltechnik an der Berner Fachhochschule.

AGVS wehrt sich gegen ASTRA-PläneAGVS wehrt sich gegen ASTRA-Pläne

Text/Bilder: Simon Tottoli

 

Bis dato galt bei der periodischen Fahrzeugprüfung die Formel 4-3-2-2. Das heisst, vier Jahre nach der Inverkehrsetzung soll ein Auto zur MFK vorfahren, drei Jahre danach ein zweites Mal und ab dann alle zwei Jahre. Das Bundesamt für Strassen ASTRA will nun eine Verlängerung der Prüfintervalle nach der Formel 6-3-2-2. Als Gründe für diese Absicht gibt das ASTRA unter anderem die verbesserte Qualität heutiger Modelle, einen verschwindend kleinen Anteil technischer Mängel als Ursache für Unfälle und eine kleine Durchfallquote bei den Erstprüfungen nach vier Jahren an. Auch die heute verbauten OBD-Systeme zur Fahrzeug-Selbstdiagnose sprächen für eine Verlängerung.

 

An der Medienkonferenz in Bern liessen Repräsentanten vom Auto Gewerbe Verband Schweiz verlauten, diese Argumente seien nicht nur unhaltbar, sondern der ASTRA-Plan stünde auch in einem krassen Widerspruch zu den «Via secura»-Zielen in Form von weniger Todesopfern und Verletzten auf den Schweizer Strassen. Bezüglich der verbesserten Fahrzeugqualität wies Markus Peter, Leiter Automobiltechnik und Umwelt beim AGVS, darauf hin, dass auch bei modernen Autos besonders die äusserst sicherheitsrelevanten Fahrwerkskomponenten mechanischem Verschleiss ausgesetzt seien. Durch die komplexe Technik und kürzere Entwicklungszeiten seien die heutigen Fahrzeuge zudem nicht weniger mängelanfällig.

 

Auswertungen von Prüfergebnissen aus den Kantonen Neuenburg und Zug hätten weiter ergeben, dass in Zug jedes vierte Auto im Alter zwischen vier und sechs Jahren durch die erste Kontrolle falle und in Neuenburg bei zehn Prozent aller nicht bestandenen Prüfungen ein Fahrzeug mit akut sicherheitsgefährdenden Problemen bei Bremsen und Lenkung vorgefahren sei. Obwohl diese Zahlen der Strassenverkehrsämter alarmierend seien, zeigten sie nicht einmal ein repräsentatives Bild. Schliesslich kämen rund 70 Prozent der Fahrzeuge vor der MFK-Prüfung in eine Werkstatt, wo vorhandene Mängel beseitigt würden. Die vom ASTRA angeführte On-Board-Diagnose helfe letztlich ebenso wenig weiter, da diese in der Regel sicherheitsrelevante Teile wie Reifen, Radaufhängung oder Stossdämpfer gar nicht überwache.

 

Für das ASTRA ist eine Verlängerung der Prüfintervalle auch haltbar, weil Fahrzeugmängel in den Statistiken sehr selten als Unfallursache ausgewiesen würden. AGVS-Zentralpräsident Urs Wernli stellte diesbezüglich aber eine hohe Dunkelziffer in den Raum. Der technische Zustand werde im Normalfall nicht mehr untersucht, wenn die Polizei menschliches Versagen als Hauptunfallursache festgestellt habe. Das Bundesamt für Unfallverhütung (bfu), an der Medienkonferenz vertreten durch Dr. Uwe Ewert, stützte die These von sechs bis zwölf Prozent mängelbedingter Unfälle.

 

Aufgrund dieser Tatsachen sehen der Jurist Dr. Pascal Leumann und Bernhard Gerster, Abteilungsleiter für Automobiltechnik an der Berner Fachhochschule, in der beabsichtigten Verlängerung der Prüfintervalle eine sinnlose Gefährdung des Programmes «Via secura». Dieses sei ein Gesamtpaket und man könne jetzt, wo man auf einem guten Weg sei, die Ziele zu erreichen, nicht einfach einzelne Komponenten herausbrechen und streichen. Jurist Leumann nahm sogar den Staat in die Pflicht: «Die Verkehrssicherheit als hohes geschütztes Rechtsgut erfordert eine umfassende Abklärung und vorsichtige Abwägung der beteiligten Interessen. Den Staat trifft dabei auch eine Pflicht, präventiv vor gewissen Gefahren einer Grundrechtsverletzung, insbesondere Gefährdung von Leib und Leben, zu schützen.» Mit anderen Worten: Die Öffentlichkeit hat Anspruch auf Schutz und der ist durch eine nicht haltbare Verlängerung der Prüfintervalle gefährdet.

 

Es war an der Medienkonferenz nicht zu überhören, wo der AGVS und seine Mitstreiter den wahren Grund für die Verlängerung der Prüfintervalle vermuten. Nämlich im Fakt, dass viele Strassenverkehrsämter bei den Prüfungen stark hinterherhinken, also nicht mehr nachkommen. Ein Beispiel dafür lieferte Markus Julmy, Präsident der AGVS-Sektion-Fribourg-Untergruppe SenseSee und selber Garagist: «Viele der sechs- bis siebenjährigen Fahrzeuge, die von unseren Kunden aus dem Kanton Bern bei uns eingetauscht werden, waren kein einziges Mal bei der MFK.» Von anderen Kantonen höre man Ähnliches. Der AGVS fordert das ASTRA deshalb auf, diese Problematik nicht einfach mit der gefährlichen Verlängerung der Prüfintervalle zu umgehen, sondern lieber in Zusammenarbeit mit ihm Lösungen zu suchen.

 

Eine davon wäre, dass sich Werkstätten für einfache MFK-Prüfungen lizenzieren lassen könnten. Vor allem grosse Autohäuser hätten sicher ein Interesse daran und wären auch in der Lage, die nötigen Ressourcen zu stellen. Für Rolf Schürpf, Leiter Service bei der Binelli & Ehrsam AG in Zürich, ein erwägenswerter Weg: «Wir würden zwar eine grosse Verantwortung übernehmen, aber die haben wir genau genommen auch bei einem ganz normalen Radwechsel», hielt er im Anschluss an die Medienkonferenz fest.

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