Den Lack im Griff behalten
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«AUTO&Carrosserie» veröffentlichte in den vorangehenden drei Ausgaben den Report «Farbtonproblematik». Dabei wurden Probleme bei nur schwach deckenden Decklacken, unterschiedlichen Applikationstechniken, Differenzen durch Lichtbrechung, Probleme bei Effektpigmentlacken sowie optische Veränderung durch unterschiedliche Lichtquellen dargestellt.
der Autor: Christoph Flückiger ist Geschäftsführer der gleichnamigen Carrosserie in Oftringen und Gründungsmitglied des Qualitätslabels «Swissgarant».
VON CHRISTOPH FLüCKIGER
Obwohl in dieser dreiteiligen Artikel-Serie die wichtigsten Faktoren beschrieben und Lösungsansätze zu den Problemen aufgezeichnet wurden, erhebt die Arbeit keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Eine Reparaturlackierung ist zu komplex, um auf wenigen Seiten abschliessend aufgearbeitet werden zu können. Dargestellt wurden Probleme und Lösungen gemäss heutigem Stand der Technik. Diese sind einer permanenten Veränderung unterworfen.
Schlussfolgerungen
Die in den «AUTO&Carrosserie»- Ausgaben 5, 6 und 7-8 geschilderten Probleme kommen in der Praxis oft kumuliert vor. Es versteht sich von selbst, dass die Schwierigkeiten dann noch grösser werden. Da sich die Problematik insbesondere bei hellen Farbtönen stellt, ist deren Einsatz zu überdenken. Da Kunden beim Kauf eines Autos jedoch kaum dessen Reparaturfreundlichkeit interessiert, wird je nach Mode Silber öfter oder eben seltener anzutreffen sein. Die vergangenen Jahre waren jedoch Boomjahre für Silber, und so werden sie in den nächsten Jahren in den Werkstätten zur Reparatur anfallen. Der Lackierer wird in sehr schwierigen Fällen auch bei relativ kleinen Beschädigungen die ganze Fahrzeugseite lackieren müssen. Nur wenn die Seite durch Zierleisten, Sicken usw. unterbrochen ist, lässt sich, je nach Ort der Beschädigung, eine partielle Lackierung ohne Beeinträchtigung der Optik realisieren. Bei sehr kleinen Beschädigungen wie leichten Kratzern oder kleineren Dellen ist objektiv zu beurteilen, ob eine Instandstellung sinnvoll ist. Unter Umständen ist ein Ausbeulen ohne Beschädigung der Lackierung und nachträgliches, fachmännisches Ausbessern sinnvoller. Erkennt der Lackierer die Problematik nicht oder schätzt sie falsch ein, kann das Resultat durchaus eine «Verschlimmbesserung » sein. Wer sich einmal die Zeit nimmt, bei tief stehender Sonne Automobile seitlich zu betrachten (zum Beispiel an einer stark befahrenen Kreuzung oder auf der Autobahn bei entsprechenden Lichtverhältnissen beim Überholen) stellt fest, dass ein Grossteil aller Autos in den Farben Silber oder hellen Farbtönen gefleckt sind. Die Reparatur ist auch von Laien leicht sichtbar.
Nachbesserungen sind teuer
Es empfiehlt sich, Kunden auf diese Problematik aufmerksam zu machen und eine Lackierung der ganzen Fahrzeugseite zu empfehlen. Bei Selbstzahlern kann eine Variante «perfekt» und eine Variante «zweckmässig» in Betracht kommen. Allerdings muss der Betrieb selbst entscheiden, ob die Variante «zweckmässig» zu verantworten ist. Insbesondere Unternehmen im höheren Segment müssen natürlich eine Image-Einbusse in Kauf nehmen, wenn Reparaturen sichtbar sind. In der Regel kommuniziert der Kunde bei allfälligen Fragen nicht, dass er die preisgünstige (billige) Reparaturvariante gewählt hat. Ist für das Schadenereignis eine Drittperson haftpflichtig oder hat eine Versicherung Leistungspflicht, müssen die resultierenden Aufwendungen entschädigt werden. Selbstverständlich ist bei der Reparaturausführung dem Fahrzeugzustand Rechnung zu tragen. Bei der Diagnose muss der Lackierer frühzeitig miteinbezogen werden, so dass der Reparaturablauf optimal geplant werden kann. Viele Betriebe verlieren Geld, da sie unbefriedigende Ergebnisse ein zweites Mal, natürlich auf eigene Kosten, ausführen müssen. Viele Unternehmen haben auch begonnen, prophylaktisch bei vermuteten Problemen ganze Seiten zu lackieren – notabene auf eigene Rechnung. Die Wirtschaftlichkeit verschlechtert sich so natürlich entsprechend.
Bessere Ausbildung für Lackierer
Die Ausbildung der Lackierer muss verbessert werden. Ein Lackierer muss erkennen, welche Farbtöne problematisch sind und wie ein einwandfreies Resultat zu erreichen ist. Da die Qualität der Optik auch kunden- und betriebsspezifisch unterschiedlich ist, sind die massgeblichen Qualitätsrichtlinien zu definieren. Natürlich wird es immer Grenzfälle geben, bei denen nachträglich festgestellt wird, dass der vordefinierte Weg nicht der richtige war. Doch durch eine seriöse Behandlung des Problems werden diese Fälle minimiert. Der erfahrene Lackierer darf sich nicht durch Äusserungen von Dritten wie «der Betrieb XY kann diese Türe mitten heraus lackieren» beeinflussen lassen. Die vorgängige Schilderung der Problematik hat aufgezeigt, dass nicht mangelnde Fähigkeit des Lackierers die Schwierigkeit darstellt, sondern die lacktechnischen Faktoren.
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