17.03.2011

Stromert etappenweise auf den Markt

Nissan lanciert das Elektromobil Leaf Schritt für Schritt. Bereits im Februar 2011 wurden die ersten Märkte beliefert. Kontinuierlich werden die Produktionskapazitäten hochgefahren. In der Schweiz wird der Kompaktwagen mit reinem Elektroantrieb in der zweiten Jahreshälfte 2011 für rund 50'000 Franken angeboten. Vorreservierungen sind beim Importeur per Internet möglich.

Stromert etappenweise auf den Markt

Am Automobilsalon in Genf 2010 präsentierte Nissan die neue Elektromobilplattform. Durch die Neukonstruktion können die 250 kg schweren Akkumulatoren günstig für den Schwerpunkt platziert werden.

VON ANDREAS SENGER

Es ist zwar nicht das erste serienmässige Elektromobil, das auf die Strassen rollt. Nissan darf aber behaupten, dass der Leaf eines der ersten Elektromobile ist, dessen Plattform und Karosserie eigens für die Anwendung ohne fossilen Treibstoff ausgelegt ist. Dies zeigt sich vor allem bei der Positionierung der Komponenten.
Unter der Motorhaube sitzt zum einen der Wechselstrom-Asynchronmotor. Darüber trohnt das Ladegerät. Gespiesen wird der Leaf entweder mittels 230-Volt-Ladeleitung (16 Ampère) oder mittels Dreiphasenwechselspannung 380 Volt. Für eine vollständige Ladung benötigt der Besitzer Geduld: An der 230-Volt-Steckdose dauert eine Vollladung rund acht Stunden. Das integrierte On-Board-Ladesystem weist dabei eine Leistung von 3,3 kW auf.
Wenn es pressiert, kann mittels Starkstrom die Ladezeit auf eine halbe Stunde gedrückt werden. Allerdings sind nach 30 Minuten nur 80 % der Kapazität erreicht. Das Schnellladesystem verfügt über eine Leistung von 50 kW. Mitgeliefert wird ein 6-m-Ladekabel, dass alleine 3,7 kg Masse aufweist.

Günstige Gewichtsverteilung

Das Batteriepaket inkl. Leistungselektronik wurde zugunsten einer günstigeren Achslastverlagerung zwischen die Achsen verlegt. Der 250 kg schwere Lithium-Ionen-Akku besteht aus 48 Modulen. Die 192 laminierten Zellen weisen gesamthaft eine Gesamtnennspannung von 345 Volt auf.
Die Nennkapazität beträgt 24 kWh Energie. Umgerechnet vermag der Akku knapp 100 Wh Energie pro kg Akku zu speichern. Umgerechnet auf Benzin weist der Akku eine Energiespeicherung auf, die über hundertmal geringer ist, als der fossile Treibstoff pro kg zu speichern vermag. Um die Reichweite von angegebenen 160 km zu erreichen, ist ein sanfter Umgang mit dem «Gaspedal» vonnöten. Die aktuelle Reichweite wird im Leaf ständig via Bordcomputer nachgerechnet. Eine Eco-Taste sorgt zudem für noch sanftere Beschleunigungswerte.

Fahrleistungen

Der Elektromotor weist eine Höchstleistung von 80 kW/109 PS bei 2730-9800/min auf. Der Drehmomentbestwert von 280 Nm wird aus dem Stillstand bis 2730/min geliefert. Die maximale Drehzahl des E-Motors beträgt 10'390/min.
Via Eingang-Getriebe wird die Antriebskraft über ein konventionelles Ausgleichsgetriebe an die beiden Vorderräder geliefert. Trotz Leergewicht von 1595 kg kann der Leaf bei Bedarf innert 11,9 s aus dem Stand bis 100 km/h beschleunigt werden.
Als maximale Geschwindigkeit gibt das Werk 144 km/h an. Wenn die maximale Leistung häufig abgefragt wird, sinkt die Reichweite konsequenterweise drastisch. Der 445 cm lange, 177 cm breite und 155 cm hohe Leaf weist mit einem cW-Wert von 0,29 günstige Voraussetzungen auf, um den Fahrwiderstand Luft möglichst gering zu halten. Die Zuladung beträgt 400 kg. Der Kofferraum von 330 Liter, der durch Umklappen der Rücksitze auf 680 Liter vergrös­sert werden kann, schränkt die Alltagstauglichkeit nicht ein.
Der Leaf weist ein konventionelles Radaufhängungslayout auf. Vorne werden die Räder von einer McPhersonaufhängung geführt. An der Hinterachse ist eine Verbundlenkerachse verbaut. Rundum verfügt das Elektromobil über innenbelüftete Scheibenbremsen und über ein Vierkanal-ABS. Auch auf  ESP muss nicht verzichtet werden. Die Lenkung wird elektrisch unterstützt.

Spezieller Fussgängerschutz

Zum aktiven Sicherheitssystem gehört zudem eine Neuheit: Weil Elektromobile bei geringen Geschwindigkeiten für andere Verkehrsteilnehmer sich praktisch lautlos fortbewegen, baut Nissan dem Leaf einen Geräuschgenerator ein. Dieser erzeugt Geräusche im Frequenzbereich zwischen 600 bis 2500 Hz.
Im Motorraum ist ein Lautsprecher installiert, welcher die Geräusche erzeugt. Auch bei Rückwärtsfahrt macht sich der Leaf bemerkbar. Bis zu einer Geschwindigkeit von 30 km/h werden diese Geräusche erzeugt. Oberhalb von diesem Tempo sind die Abrollgeräusche der Reifen gross genug, dass das Fahrzeug auch ohne Zusatzsound akustisch wahrgenommen wird. Im Innenraum sollen diese virtuellen Geräusche nicht hörbar sein.

Rundum-Paket

Verschiedene Dienstleister werden für Nissan und Renault ab diesem Jahr spezielle Angebote unterbreiten. Beispielsweise wird die AXA Versicherung in 21 europäischen Ländern eine spezielle Mobilitätsabsicherung einführen.
Ausserdem werden in einigen Ländern für Smartphones und für den Computer Anwendungen programmiert, damit der Ladestand des Leaf abgefragt und auch die Ladung der Batterien ferngesteuert werden kann.

 

Kommentar zu E-Autos

Immer mehr Elektrofahrzeuge werden von den Automobil- und Kleinserienherstellern angeboten. Der Haken an der raschen Marktdurchdringung ist vor allem die noch zu geringe Produktion von leistungsfähigen Akkumulatoren mit genügend hoher Kapazität. Jeder Hersteller sucht deshalb die Kooperation mit Spezialisten. Bei Nissan, nach wie vor liiert mit Renault, wird diese Zusammenarbeit mit NEC forciert. Nissan lanciert den Leaf auf einer neuen Plattform, bei welcher die Akkus günstig für den Schwerpunkt zwischen den Achsen unter den Sitzen platziert werden. Konventionelle Plattformen bieten diese Möglichkeit nicht. Entsprechend müssen die anderen Hersteller ebenfalls zuerst viel Geld in neue Karosseriekonzepte investieren. Die Akkutechnik und die hohen Vorinvestitionen sorgen für einen sehr hohen Einstandspreis: Für rund 50'000 Franken werden bis Ende Jahr die ersten Leaf ausgeliefert. Der hohe Preis sowie die eingeschränkte Reichweite werden Kunden wohl nicht in Massen zum Kauf bewegen. Aus­serdem bietet Nissan nur eine Garantie von 5 Jahren oder bis 100'000 km für den teuren Akkumulator. Was ein Austausch für den Kunden bedeutet und mit welchen Kosten zu rechnen ist, steht noch in den Sternen.  Auch der Occasionshandel wird nachhaltig betroffen sein. Zudem werden die Werkstattmitarbeiter gefordert: 345 Volt Betriebsspannung können lebensgefährlich werden.

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