26.11.2010

«Der Kunde kauft kein Auto wegen der Kategorie A»

Seit März diesen Jahres ist Viktor Wyler Geschäftsführer der Retail-Garage Italian Motor Village, Fiat Center (Suisse) SA, an der Freihofstrasse in Zürich. Zuvor war Wyler Marketingleiter und Mitglied der Geschäftsleitung bei der ASAG Gruppe und Betriebsleiter bei Mercedes-Benz Zürich Nord. Viel Erfahrung in der Automobilbranche, die der 46-Jährige mitbringt. Im Interview spricht Wyler über das Neuwagengeschäft, die Herausforderungen als Retailbetrieb der Fiat-Gruppe und die Schwierigkeiten durch den starken Franken.

«Der Kunde kauft kein Auto wegen der Kategorie A»

«Bei der Giulietta wurde die Hälfte der Modelle als Topversion Quadrifoglio Verde mit 235 PS immatrikuliert.» Viktor Wyler, Geschäftsführer Fiat Center (Suisse) SA.

AUTO&Wirtschaft: Wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Verlauf in diesem Jahr, was die Neuwagenverkäufe anbelangt?
Viktor Wyler: Bei uns im Italian Motor Village sind wir zufrieden, was wir 2010 bisher erreicht haben. Die Steigerung, die wir gegenüber dem letzten Jahr erzielt haben, ist stärker als die im Gesamtmarkt. Das ist eine positive Entwicklung bis heute. Vor allem bei Fiat und Alfa Romeo durften wir starke Zunahmen verzeichnen. Das ist natürlich vor allem der Giulietta zu verdanken, die seit Mitte Jahr zum Tragen gekommen ist. Die Giulietta hat ein sehr hohes Eroberungspotenzial bei eigenen und bei Fremdmarken.

Was sind die Schwierigkeiten und was die Chancen, mit denen Sie bzw. Ihr Verkaufspersonal zu tun haben?
Chance und Schwierigkeit zugleich ist die Wahrnehmung als Herstellerbetrieb. Viele Konsumenten betrachten uns als Importeur und erwarten somit, dass wir für Zentrumsleistungen zuständig sind, wie z.B. Probefahrten und Eintauschofferten und am Ende wird das Auto dann doch woanders gekauft. Die Chance dabei ist natürlich, dass wir den Kunden erobern können. Prinzipiell ist die Hemmschwelle bei der Loyalität definitiv gesunken. Zum Teil kaufen potenzielle Kunden nach einer Probefahrt und einem Angebot durch uns nur wegen weniger Prozente ihr Auto im Ausland oder bei einem Discounter mit Direktimporten. Generell kann man spüren, dass Vertretungen mit einem ausgebauten Kundenbeziehungsmanagement sehr gut über die Runden kommen und Investitionen in Werbung zurückfahren konnten mit Service, Unterhalt und Carrosserie-Arbeiten. Es gehört zu einer meiner Hauptaufgaben, das Kundenbeziehungsmanagement weiter zu entwickeln und daraus nachhaltig Erfolge zu erzielen.

Haben die Diskussionen um den Zusammenschluss von Lancia und Chrysler Auswirkungen auf den Verkauf?
Die Diskussionen um Lancia wirken sich natürlich auf den Absatz aus, das tut keiner Marke gut. Bei allen Konzern-Marken fehlen aber kurzfristig Nachfolgemodelle. So wurde zum Beispiel die Produktion des Fiat Croma und Fiat Ulysse, des Lancia Phedra, des Alfa Romeo Spyder und Brera eingestellt. Wir haben uns diesbezüglich zwar mit Fahrzeugen eingedeckt, aber das sind grosse Investitionen und Risiken, die wir damit eingehen und der Kunde kann natürlich kein persönlich zusammengestelltes Fahrzeug mehr ordern. Dabei besteht natürlich die Gefahr, dass ein Kunde abwandert. Diesen dann wieder einmal zurück zu gewinnen, ist enorm herausfordernd.

Wie wirkt sich Lancia als neuer Full Liner und die neue Marke Jeep im Fiat-Konzern aus?
Konsequenz wird sein, dass wir mit Chrysler-Modellen kein typisches Lancia-Segment ansprechen und einen neuen Markt erobern können. Das wird im Marketing ein grosser Aufwand. Betreffend Showroom ist das noch nicht klar, was da auf uns zukommt. Platz für weitere Ausstellungsmodelle hätten wir zumindest genug.

Werden Sie zukünftig auch Jeep verkaufen?
Nein, das ist aktuell kein Thema für uns.

Was erhoffen Sie sich durch den Zusammenschluss?
Kurzfristig nicht sehr viel, mittelfristig bin ich zuversichtlich, dass man die Marke besser positionieren kann als heute und wir neue Segmente erschliessen können.

Früher hiess der Retailbetrieb noch Autoitalia, heute tragen Sie den globalen Namen Italian Motor Village. Wie kommt der neue Name an?
Das ist eines unserer Ziele, unseren Namen weiter bekannt zu machen. Seit letztem Herbst heis­sen wir Italian Motor Village. Das ist eine globale Strategie für ein lokales Business. Aus Sicht der Markenführung war dieser Namenswechsel sicherlich keine Meisterleistung.

Wo geht der Trend hin? Ist der Absatz von sparsamen Automobilen positiv?
Ein Beispiel: Bei der Giulietta wurde die Hälfte der Modelle als Topversion Quadrifoglio Verde mit 235 PS immatrikuliert, also das Spitzenmodell. Für den Alfa Romeo Kunden ist Sparsamkeit also kein brennendes Thema. Auch bei Fiat ist die Energieeffizienz kein Kaufargument, der Kunde kauft kein Auto wegen der Kategorie A. Zum Thema Erdgas: Bei Panda, Punto, Qubo und Doblo bieten wir Erdgasmodelle an. Das ist ein sehr schwieriger Markt, der aktiv bearbeitet werden muss und wir verkaufen jeweils nur einstellige Stückzahlen. Die Herausforderung ist dabei, dem Kunden die Bedenken betreffend Erdgas zu nehmen. Bei der Elektromobilität sind wir in der Schweiz noch nicht bereit. Unsere Kundschaft fragt nicht nach E-Mobilität. Auch Hybrid ist noch kein Thema.

Können Sie viele Neukunden gewinnen?
Neukunden gewinnen wir auf zwei Arten. Einerseits durch das Lifestyle-Auto Fiat 500, Neulancierungen wie die Giulietta und durch die Marke Abarth. Andererseits gewinnen wir den preissensiblen Kunden, sowohl beim Lancia y, als auch beim Fiat Panda, Punto und Bravo. Zwar gibt es auch andere Marken, die sehr viel Auto für wenig Geld bieten, aber technologisch bieten wir viel mehr. Unsere günstigen Modelle ergeben nicht hohen Umsatz und Gewinn, aber bei guten Angeboten können wir den Kunden im Aftersales behalten und profitieren bei den Serviceleistungen.

Woran liegt es, dass Fiat mit 6,5 Prozent Minus im September bzw. 3,5 Prozent plus kumuliert unter dem Durchschnitt aller Importeure in der Schweiz liegt?
Der Vorjahresboom um das Modell Fiat 500 hat sich gelegt und es konnten keine neuen Volumenmodelle eingeführt werden. Allerdings konnten wir die Zulassungen gegenüber dem schweizerischen Durchschnitt steigern.

Wie erklären Sie sich das Minus bei Lancia mit -24,5 % im 2010 kumuliert und das Plus bei Alfa Romeo mit 14,7 % kumuliert?
Das Minus bei Lancia hat mit der Einführung des Delta zu tun, der 2009 sehr gut verkauft wurde. Das Plus bei Alfa liegt natürlich an der neuen Giulietta.

Wie sieht es bei den leichten Nutzfahrzeugen bei Fiat Professional aus?
Eine neue Strategie sollte uns mittelfristig wieder auf den Weg zurück zum Erfolg bringen.

Machen Ihnen der schwache Euro bzw. Direktimporte zu schaffen?
Ja, ein Fiat Panda für 9400 Franken fertig verzollt, ist ein unglaubliches Angebot. Vor allem Discounter bedienen sich über diesen Kanal. Bei uns ist der Preisunterschied nicht ganz so stark wie bei den Premiummarken. Trotzdem würde ich mir eine Preissenkung oder die Integration von Mehrwert, wie zum Beispiel eines 5-Jahres-Garantiepaketes, wünschen.

Erwarten Sie noch einen Schub durch die Herbstausstellungen gegen Ende 2010?
Ja, auf den Winter erwarten wir noch einen zusätzlichen Schub. Die Auto Zürich wird uns dabei sicherlich dienen. Entsprechende Lagerkapazitäten halten wir bereit, damit wir auch kurzfristig liefern können.

«Zum Teil kaufen potenzielle Kunden nach einer Probefahrt und einem Angebot durch uns nur wegen weniger Prozente ihr Auto im Ausland ... »

Viktor Wyler, Geschäftsführer Fiat Center (Suisse) SA

 

 

 

 

 

 

Sie beliefern ja auch Regionalhändler. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?
Partnern, welche eine hohe Loyalität zu uns und unseren Marken aufweisen, bieten wir eine sehr gute Plattform an. Technischer Support, schnelle Teilebelieferung, Konsignationsfahrzeuge vor Ort und eine grosse Fahrzeuglagerverfügbarkeit sind nur einige der Vorteile, von welchen unsere Partner profitieren. Leider schätzen aber nicht alle diese Dienstleistungen, weshalb sich dieser wichtige Absatzkanal zurzeit nicht optimal darstellt.

Thema Service: Wie und wo lassen sich Umsatz und Gewinn im Servicegeschäft bzw. Aftersales generieren bzw. erhöhen?
Generell sind wir mit unserer Auslastung im Servicebereich zufrieden. Der aktive Verkauf von Zusatzarbeiten und Zubehören bei der Annahme der Fahrzeuge ist ein bedeutender Erfolgsfaktor für die Werkstattauslastung. Dabei spielt auch die periodische, zielgruppengerichtete Kundenansprache mittels Mailings eine wichtige Rolle. All das nützt allerdings wenig, wenn nicht der Erfüllung der Kundenerwartung betreffend Termin, Preisgestaltung und Qualität oberste Priorität beigemessen wird. So steigern wir nicht nur Umsatz und Gewinn, sondern auch die Chance, dass der Kunde sein nächstes Fahrzeug ebenfalls bei uns kauft. 

www.italianmotorvillage.ch

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