01.10.2010

«Energielose» Datenübertragung

Während für die Datenübertragung nach dem Infrarot- oder Bluetooth-Konzept immer Energiequellen für die Sender- und die Empfängereinheit zur Verfügung stehen müssen, soll bei bestimmten Systemen zumindest der eine Teil ohne Energiespeicher auskommen. Beispiele aus dem täglichen Leben, aber auch aus dem automobilen Bereich zeigen die Vorteile von derartigen Transpondersystemen.

«Energielose» Datenübertragung

Bild 1. Die Entsperrung der Türen geschieht meist über Funk oder über Infrarot. Erst wenn der Schlüssel oder Chip in die Nähe des Armaturenbrettes gelangt, kommt auch die Transponderfunktion zum Einsatz.

VON ANDREAS LERCH

Kaufen Sie in einem Elektronikgeschäft Musik- oder Daten-CDs oder sind Sie in einem Kleidergeschäft unterwegs, treffen Sie überall auf die gleichen Diebstahlwarnsysteme. Hinter einem Kleber sind Spulen aus Metallfolien aufgeklebt, welche als Diebstahlwarnung funktionieren, bis sie an der Kasse entweder demontiert oder funktionslos gemacht werden. Beim Auto können ähnliche Systeme verbaut sein, um Wegfahrsperren zu schalten.

Transponder

Transponder ist ein Kunstwort und besteht aus Teilen der englischen Wörter «transmit» (= übertragen) und «response» (= antworten). Im automobilen Einsatzbereich als Wegfahrsperren befinden sich die Transponder in der Regel im Fahrzeugschlüssel und sind batterielos arbeitende Empfangs- und Sendeeinheiten. Daneben umschliesst eine Lesespule das mechanische Zündschloss, welches gleichzeitig das Übertragen der elektrischen Energie an den Transponder bewerkstelligt. Dieser Aufbau ist geeignet, damit im Fahrzeugschlüssel keine Batterie untergebracht werden muss und das System immer mit elektrischer Energie versorgt wird, so lange auch das Bordnetz noch unter Spannung ist.
Energiespeicherung
Würden diese Teile mit Spannungsquellen in Form von Knopfbatterien ausgerüstet, wäre einerseits der Herstellungspreis höher und die Gefahr würde bestehen, dass die Batterie einmal leer wäre und das System auf Grund der Energielosigkeit nicht mehr funktionieren könnte. Aus solchen Überlegungen wurde bei den oben aufgezählten Anwendungen darauf geachtet, dass keine interne Spannungsversorgung nötig ist. Natürlich ist das ein Wunsch, denn ohne Energie werden kaum zwei Systeme zusammen Daten austauschen und miteinander kommunizieren; aber genau das müssen sie. Der Aufkleber meiner CD muss dem abfragenden Computer bestätigen, dass sie (die CD) bezahlt worden ist. Damit diese Leiterschleife jedoch ein Sig­nal aussenden kann, muss sie zuerst mit elektrischer Energie versorgt werden. Das geschieht über eine Induktionsspule (Bild 3).
Im Sender/Lesegerät wird ein Wechselstromsignal zu einer Spule geleitet und in dieser ein wechselndes Magnetfeld erzeugt. Dieses Magnetfeld schneidet die Wicklungen hinter dem Kleber meiner CD und induziert dort eine Spannung, also elektrische Energie, welche in einem kleinen Kondensator zwischengespeichert und mittels einer Diode gleichgerichtet wird. Damit hat das System eine Energiequelle erhalten und ist zur Kommunikation bereit.

Codierung

In einem Mikrochip wird die elektrische Energie aufbereitet, damit der Chip selber mit der richtigen Spannung versorgt werden kann. In dessen Festspeicher (ROM = Read Only Memory) ist der Algorithmus für den Funktionsablauf der Datenübertragung gespeichert. Wird also der Chip bestromt, kann dessen Prozessor alle Daten zurücksetzen, da diese durch die davorliegende «stromlose Zeit» kaum mehr korrekt gespeichert sind. Danach werden die aktuellen Daten geladen. Das bedeutet, dass aus dem ROM eine Reihe von Befehlen geladen werden, welche anschliessend ausgeführt werden können. Dazu gehört einerseits das Laden des fest programmierten Codes, welcher zu dem Schlüssel oder zu dem Sicherheitssystem gehört. Der Mikroprozessor leitet diesen Code dann zur Sendeantenne, welche von der gleichen Spule dargestellt wird, welche zuvor die Induktionsenergie aufgenommen hat. Diese Spule übermittelt nun den Code zum abfragenden Steuergerät, welches in der Folge den Code empfängt, überprüft und annimmt oder nicht.
Wird der Code angenommen, so kann ich das Geschäft verlassen bzw. mein Fahrzeug starten; wird er nicht angenommen, heult die Sirene im Geschäft oder der Motor meines Fahrzeugs startet nicht.

Systemvarianten

Da beginnen natürlich bereits die Unterschiede: Beim Diebstahl-Transponder genügt in der Regel ein einfacher, fest programmierbarer Code. Dieser wird kaum ausgewechselt, da der Transponder bei der Kasse entschärft, bzw. quasi zerstört wird, damit er beim Empfangen des Induktionssignals die Energie nicht speichern, oder danach zumindest kein Signal zurücksenden kann.
Bei der Wegfahrsperre in den Fahrzeugen sollte sich das System nach dem ersten Startversuch nicht gleich zerstören, da ein Auto in seinem Leben mehrmals gestartet werden sollte.
Deshalb ist das ROM als fester und unbeeinflussbarer Speicher einem EEPROM (= Electronically Erasible Programmable Read Only Memory), also einem Speicherbaustein gewichen, welcher auf elektronischem Weg seinen Speicher wieder löschen und neu befüllen kann. Da es sich im Grundaufbau trotzdem um ein ROM handelt, braucht es für die Datensicherung keinen Strom. Mit diesem System kann für jeden neuen Motorstart ein neuer Code hinterlegt werden.
Selbstverständlich könnte auch beides eingesetzt sein: Zunächst wird Energie gespeichert, dann ein festprogrammierter Code gesendet, welcher dem Steuergerät besagt, dass der Schlüssel tatsächlich zur Fahrgestellnummer des Autos gehört. Im zweiten Anlauf kann das Steuergerät aber zusätzlich noch nachfragen: «Was haben wir beim letzten Fahrzeugstart für einen Code abgemacht?» Danach muss der Transponder die Anfrage erneut beantworten. Die Sicherheit des Systems wird durch die zunehmende Komplexität der Einrichtung natürlich verbessert.
Da das System sehr wenig Energie braucht, hat es sofort genügend Energie gespeichert, kann seinen fest einprogrammierten Code schnell aussenden und die entsprechenden Daten vom fahrzeuginternen Steuergerät wieder empfangen und beantworten. Die magnetfeldliefernde Spule wird in diesen Momenten zur Antenne, nimmt die Signale auf, leitet sie zum Steuergerät weiter, erhält neue Signale, sendet diese weiter, und zum Schluss kommt nach wenigen Millisekunden das Signal zum Motorstart.
Was da mit vielen Worten beschrieben wird, passiert im Fahrzeug während der Zeit, in welcher der Fahrer den Zündungsschlüssel über die Stellung «Zündung ein» zur Position «Motorstart» dreht. Dabei merkt der Fahrer weder eine Verzögerung noch spürt er etwas vom Datenverkehr.

Reifendruck-Kontrollsystem
Auch Reifendruck-Kontrollsysteme können auf der Basis der Transponder-Technologie aufgebaut werden. Interessant ist natürlich auch hier, dass die Sensoren, welche sich im Rad befinden, keine direkte Energieversorgung brauchen. Bei jeder Radumdrehung wird in einem bestimmten Bereich die elektrische Energie über Induktion in den Transponder übertragen und (fast) gleichzeitig werden die Daten zurückgesendet. Die ganze Transpondereinheit kann klein und mit einer Masse von ca. 6 g auch leicht gehalten werden. So kann der Transponder am Ventil befestigt oder in das Rad geklebt werden.
Der Druck wird über einen Quarz in ein amplitudenmoduliertes Sig­nal umgewandelt. Erschwerend wirken sich die Temperatureinflüsse und auch die Beschleunigungskräfte aus, welche in einem Rad, das zur ungefederten Masse gehört, bis 20000 m/s2 betragen können. Die Temperatur muss exakt ausgeglichen werden, da sie auf der einen Seite den Quarz und auf der anderen Seite den Reifendruck beeinflusst.
Der Mikrochip im Transponder erfüllt in diesem Fall verschiedene Aufgaben. Er hat nicht einfach einen Code zu übermitteln; zuerst muss der Druckwert sensiert, korrigiert, digitalisiert und dann auf ein Funksignal aufgesetzt werden. In einem Winkelbereich von ca. 170°, also fast während der halben Radumdrehung können Transponder und Sender/Empfänger miteinander kommunizieren. Bei hohen Geschwindigkeiten werden die Übertragungszeiten trotz dem doch grossen Winkel sehr kurz.
Vorteilhaft und interessant scheinen an diesem System vor allem die Leichtigkeit des Transponders im Rad zu sein und natürlich auch wieder die Energie, welche vom Fahrzeug eingespiesen wird.

Transponder und Airbag

In der Airbag-Technik gilt es als prob­lematisch, wenn der Fahrzeuginsasse nicht die richtige Stellung im Fahrzeug einnimmt. Die Forschung spricht von «Out of Position». Gerade auf der Beifahrerseite ist dazu viel mehr Spielraum geboten als auf der Fahrerseite. Auf der Beifahrerseite reicht die Palette von der genormten Position über die Position mit den Beinen auf dem Armaturenbrett, über Liegesitz usw. bis hin zu kleinen Personen, Kindern in Kindersitzen, und dabei kann durchaus auch an Reboard-Sitze gedacht werden. Es ist bekannt, dass im Fall von Reboard-Kindersitzen die Airbag-Funktion ausgeschaltet werden sollte. Wenn das aber vergessen geht oder eine andere «Out of Position»-Situation eintritt, wäre es wünschenswert, wenn das Airbag-System selber auf die Situation reagieren könnte.
Etwa 7.5 ms nach der Airbag-Zündung beginnt sich dessen Front zu entfalten. Dabei erreicht der Airbag Entfaltungsgeschwindigkeiten bis 100m/s (= > 300 km/h). Befindet sich der Passagier in einer falschen Stellung kann dies zu schweren Verletzungen führen. «Merkt» der Airbag den Widerstand und kann die einströmende Gasmasse regulieren, können schwerste Insassenverletzungen verhindert werden. Weitläufige Grundlagenuntersuchungen haben ergeben, dass die Entfaltungsgeschwindigkeit des Airbag zuverlässige Parameter darstellt. So mussten dazu noch die funktionalen Sensoren und Datenübertragungssysteme gefunden werden. Es wurden Radarsensoren in die Airbaggehäuse montiert. Diese Radarsignale werden von einer Elektronik gemessen und über vier Transponder an das Steuergerät übertragen. Selbstverständlich muss die Signalübertragung und -verarbeitung sehr schnell gehen, damit der Gasstrom noch rechtzeitig reguliert werden kann. Das Einschalten der Transponder geschieht erst unmittelbar vor oder mit der Auslösung des Airbags. Vorteilhaft bei dieser Transponderlösung sind von Neuem die Batterielosigkeit, die Robustheit und die Schnelligkeit der Datenübertragung.
Eigentlich ist die Transponder-Technologie nicht mehr ganz aktuell. Die Wegfahrsperren der Autos sind bekannt und verbreitet. Doch auch in den anderen Einsatzbereichen zeigen die Transponder, dass mit ihnen durchaus noch zu rechnen ist.

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