02.06.2009

Bonsai-Autos im Vergleich

Während der Autofahrt sitzen in der Schweiz im Durchschnitt 1,6 Personen in einem Auto. Viele Mobilitätsansprüche würden sich also mit Kleinstfahrzeugen realisieren lassen. Die Lösung wird von zwei renommierten Herstellern angeboten. Unter dem Blech unterscheiden sich die Auto-Winzlinge massiv. Welches Konzept ist das technisch bessere?

Bonsai-Autos im Vergleich

Der Smart fortwo als Cabrioletversion zeigt, dass auch Kleinstwagen hochstehende technische Lösungen bieten.

 

Die Marke Smart war dank der Idee von Uhrenkönig und Unternehmer Nicolas Hayek ihrer Zeit weit voraus. Das ultrakurze Fahrzeug fand über den deutschen Automobilhersteller Volkswagen im Anschluss bei Mercedes-Benz Unterschlupf. Seit 1994 wird unter der Marke Smart hergestellt und vertrieben.

Die Idee eines «Bonsai-Autos» mit zwei Sitzplätzen fand in Europa unterschiedlichen Anklang. Der Grundgedanke, ein sehr sparsames Fahrzeug für zwei Personen auf die Räder zu stellen, wurde aber von Mercedes-Benz nicht weiterverfolgt. Erste Prototypen der Micro Compact Car AG aus Biel fuhren beispielsweise auch mit Radnaben-Elektromotoren.

Als Lifestyle-Produkt schaffte es der Smart, sich in einigen europäischen Ländern wie auch in den Vereinigten Staaten von Amerika zu etablieren. Seither haben andere Hersteller im Bereich der Microcars auf Autoshows zwar Concept-Cars gezeigt. In Serie ging bisher keines der Fahrzeuge.

 

Später Mitbewerber

Die Europäische Union hat für 2012 eine Kohlendioxidausstosslimite von 130 g CO2/km im Flottendurchschnitt festgesetzt. Dies entspricht einem Verbrauch von etwa 5,5 l/100 km Benzin oder 4,9 l/100 km Diesel. Als weltweit grösster Automobilhersteller hat Toyota die Zeichen der Zeit erkannt und sich intensiv um die Entwicklung eines Kleinstwagens unter drei Metern Aussenlänge gekümmert. In Japan bietet jeder inländische Hersteller schon Kleinstfahrzeuge an, welche steuerlich begünstigt sind. Diese erfüllen jedoch sicherheitstechnisch wie auch umwelttechnisch aktuelle Normen nicht. Dies ist auch der Grund, weshalb der Tata Nano in seiner vorgestellten Form nicht in Europa verkauft werden kann. Auch in Frankreich finden sich Microcars von Aixam oder Ligier, welche auch hierzulande – allerdings als Fahrzeuge mit limitierter Höchstgeschwindigkeit – verkauft werden.

 

Unterschiedliche Konzepte

Beim Start des Smart City Coupé zeigten sich die konzeptionellen Probleme am deutlichsten: Der kleine Zweisitzer wurde zu Beginn ohne ESP verkauft. Damit durch den kurzen Radstand und die Hecklastigkeit (durch den hinten angeordneten, quer eingebauten Triebsatz) gefährliche Fahrsituationen vermieden werden können, wurde eine hohe Lenkübersetzung gewählt. Das aggressive Übersteuern wurde mit dieser Massnahme nicht im Zaun gehalten. Die Situation der Achslastverteilung mit rund 44% auf der Vorderachse und 56% auf der Hinterachse konnte nur durch den serienmässigen Einsatz eines ESP entschärft werden.

 

Toyota entschied sich daher für ein anderes Konzept. Für den IQ wählten die Ingenieure zwecks besserer Gewichtsverteilung und optimaler Raumausnutzung ein konventionelles Vorderradantriebkonzepts mit quer eingebautem Motor. Auf der Vorderachse lasten beim IQ 62% und hinten 38%. Dadurch ergibt sich automatisch ein untersteuerndes Fahrverhalten. Damit die Fondpassagiere auch genügend Platz haben (für Passagiere unter 1,75 m), wanderte der Treibstofftank unter die Vordersitze (Unterflurtank) und die Sitzschalen wurden schlank ausgeführt. Eine platzsparende Verbundlenkerachse (Tonnenfedern) sorgt dafür, dass sogar ein Mini-Kofferraum bleibt (siehe technische Daten in der Tabelle). Einzig die Schwingungsdämpfer der Hinterachse erreichen konventionelle Aussenmasse und verlaufen entsprechend parallel zu den Rücksitzen. Damit Fahrer und Beifahrer genügend Platz für die Füsse und Beine haben, wurde das Zahnstangenlenkgetriebe mit elektrischer Lenkunterstützung nach oben gelegt und ein kompaktes Klimaanlagenmodul integriert. An der Vorderachse führt eine McPherson-Achse die Räder.

 

Treibstoffeinsparung

Gemäss Berechnungen von «ernergie schweiz» kann pro 100 kg eingesparte Fahrzeugmasse etwa ein Minderverbrauch von 0,5 l/100 km realisiert werden. Beide Fahrzeuge weisen ein Leergewicht von rund 830 kg auf. Ohne dass bei der passiven Sicherheit nennenswerte Abstriche gemacht werden müssen (ausser beim Fussgängerschutz beim Smart), erreichen die beiden Winzlinge nur schon durch die geringen Fahrzeugmasse tiefe Treibstoffverbräuche. In der Geschichte gab es bereits Fahrzeuge wie den VW Lupo 3L, die bei der genormten Verbrauchsangabe eine «3» vor dem Komma besassen. Bei beiden Cityflitzern wurde das technisch Mögliche allerdings nicht ausgereizt. Bei Toyota verzichtet man gänzlich auf ein automatisiertes Schaltgetriebe, um die Kosten gering zu halten. Beim Blick auf die Preisliste stellt sich heraus, dass für den IQ tief ins Portemonnaie gegriffen werden muss.

 

Ausblick

Smart bietet aktuell eine «Micro Hybrid Drive»-Variante (mhd) mit Start-Stopp-System an. Ein Feldversuch mit elektromotorbetriebenen fortwo soll über die Machbarkeit eines Elektroantriebes Aufschluss geben. Auch bei Toyota wird der Weg für einen umweltfreundlicheren Antrieb mit Elektromotor geebnet werden. Ein Hybridsystem kommt wegen Platzmangels sicher nicht zustande. Ab 2012 will Toyota eine elektrifizierte Version auf den Markt bringen. Bei Smart soll dies in den nächsten sechs Jahren ebenfalls in die Realität umgesetzt werden.

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