25.02.2010

Leistungssteigerung neu typengeprüft

Immer wenn im Markt oder in einer Branche Wildwuchs herrscht, muss der Gesetzgeber neue Leitplanken aufstellen. In den vergangenen Jahren wurde im Bereich des Chiptunings nicht nur seriös gearbeitet. Ab dem 1. April 2010 gelten deshalb rigorosere Vorschriften – zugunsten der seriösen Anbieter und Konsumenten. Wildwuchs soll künftig eingedämmt werden.

Leistungssteigerung neu typengeprüft

Ohne aufwändige Infrastruktur wie Rollenprüfstand zur Drehmoment- und Leistungsermittlung kann ein Tuner keine sauber abgestimmte Motorsteuerungssoftware entwickeln. Ab 1. April 2010 gelten neue Regelungen fürs Chiptuning.

VON ANDREAS SENGER

Die Leistungssteigerung mittels Eingriff in die Motorelektronik ist insbesondere bei aufgeladenen Motoren eine preiswerte Methode, einem Verbrennungsmotor mehr Drehmoment und Leistung zu entlocken.
Zu Beginn waren nur grosse Tuner in der Lage, sich in die Steuergerätephilosophie eines Automobilherstellers einzudenken und gezielt die Kennlinien zu modifizieren. Auch in der Schweiz etablierten sich Firmen, die sich dank Spezialisten, selbst entwickelter Software, viel Wissen und teurer Infrastruktur wie Rollenprüfstande an die komplexen Kennfelder wagten.

Versteckte Veränderungen

Im Laufe der Zeit hat sich sowohl die Abgasgesetzgebung mit On-Board-Diagnosesystemen verschärft als auch die Programmierung der Steuergeräte verkompliziert. Oft bleibt das «Chiptuning» allerdings unentdeckt.
Wenn die Programmierung im Sinne der Leistungssteigerung durchgeführt wird, dann werden meist nur das Zündkennfeld und die Ladedruckregelung bei Volllast, also maximal geöffneter Drosselklappe, verändert. Dabei überprüfen seriöse Anbieter ihre Modifikation auf einem Rollenleistungsprüfstand. Zum einen können sie Garantie auf ihre Arbeit geben (Erfahrung des technisch Machbaren) und zum anderen verfügt der Kunde über eine Drehmoment- und Leistungsmessung vor und nach dem Eingriff. Schon bisher mussten Leistungssteigerungen dem Strassenverkehrsamt gemeldet und im Fahrzeugausweis eingetragen werden. Dazu müssen Leistungs-, Abgas- und Geräuschmessung durchgeführt werden. Dieser Vorgang nennt sich im amtlichen Fachjargon «melde- und prüfpflichtige» Änderung. Weil die Modifikation im Steuergerät von den Verkehrsexperten bei den periodischen Fahrzeugprüfungen oder bei Verkehrskontrollen der Polizei  nicht erkennbar ist, liessen es viele Fahrzeugbesitzer bewenden, und die Mehrleistung wurde nicht gemeldet und eingetragen.
Wenn dank binärem Doping mehr als 20% Mehrleistung realisiert werden, müssen – sofern keine Garantie des Fahrzeugherstellers vorliegt – bei der zur Zeit in der Schweiz einzigen amtlich anerkannten Prüfstelle DTC (Dynamic Test Center in Vauffelin) neben der Leistungs-, Lärm- und Abgasmessung auch eine Bremsprüfung und ein Fahrdynamiktest durchgeführt werden. Diese Prüfungen haben entsprechend ihren Preis. Bei Leistungssteigerungen von mehr als 40% kommt zusätzlich die Überprüfung der Betriebsfestigkeit hinzu.

Daumenschraube angezogen

Ab 1. April 2010 müssen alle derartigen Leistungssteigerungen typengeprüft werden. Dazu muss jedes Chiptuning vom DTC überprüft und die Einhaltung der Schadstoff- und Lärmgrenzwerte sowie die Mehrleistung nachgewiesen werden. Danach wird ein Dokument erstellt, das zwingend auf der Motorfahrzeugkontrolle vorgewiesen werden muss. Anschliessend wird die Änderung im Fahrzeugausweis eingetragen. Das Dokument muss wie bei anderen Tuningmassnahmen (Räder, Auspuffanlage, Spurverbreiterung) im Fahrzeug mitgeführt werden. Wer sich nicht an die Regeln hält, d. h. beispielsweise Chiptuning anbietet, ohne dass eine Typengenehmigung oder zumindest die Anmeldung zur Prüfung vorliegt, kann künftig mittels Busse zur Kasse gebeten werden.

Auswirkungen auf die Branche

Anbieter von elektronischen Leistungssteigerungen kommen dementsprechend in Zukunft nicht mehr um die offizielle Typenprüfung herum, wenn sie auf seriösem Wege ihre getunten Bits und Bytes verkaufen wollen. Konsequenterweise müssen auch Garagisten, welche diese Art von Tuning anbieten, sich vergewissern, dass die nötigen Dokumente vorhanden sind.Schwarze Schafe im Chiptuningbereich werden es künftig schwer haben, weiterhin zu Dumpingpreisen Chiptuning anzubieten. Logischerweise wird diese Massnahme Konsequenzen für die Preisentwicklung haben.

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