02.11.2009

Gedanken eines Carrossiers

Zofingen AG – Am 27. Juni 2009 wurde an der GV des VSCI der alte Zentralpräsident verabschiedet und sein Nachfolger einstimmig gewählt – so die Pressemitteilung des VSCI.

Gedanken eines Carrossiers

Berechtigte Kritik: Der Geschäftsführer eines renommierten Carrosseriebetriebes weiss, dass im VSCI etwas falsch läuft.

Zofingen AG – Am 27. Juni 2009 wurde an der GV des VSCI der alte Zentralpräsident verabschiedet und sein Nachfolger einstimmig gewählt – so die Pressemitteilung des VSCI.
Nun besinne ich mich ein paar Augenblicke zurück. Als ich vor 11 Jahren noch Mitglied der Geschäftsleitung des VSCI war, besetzte den Posten des Zentralpräsidenten Ruprecht Geser. Zu jenem Zeitpunkt wurde Bruno Claus in die Geschäftsleitung gewählt. 1997 startete die Zürich-Versicherung die unheilvolle Schadensteuerung, die bis heute regelrecht eskaliert ist. Als die Geschäftsleitung des VSCI erfahren hatte, dass das Unternehmen des damaligen Zentralpräsidenten Geser einen Vertrag mit der Zürich-Versicherung abgeschlossen hatte, wurde dies in der Geschäftsleitung intensiv diskutiert. Die Mehrheit war dazumal, aus meiner Sicht zu Recht und mit der heute meist vermissten Weitsicht der Meinung, dass der Zentralpräsident unter keinen Umständen in seinem Unternehmen einen solchen Vertrag haben dürfe, da dies der Anfang des Ruins der Branche sei. Folglich wurde Ruprecht Geser in mehreren Gesprächen dazu motiviert, sein Amt niederzulegen – verschiedene Erklärungen wurden gesucht, weshalb er seinen Rücktritt bekannt gebe. Smarte Branchenkenner liessen sich jedoch nicht mit den gesuchten Rücktrittsgründen zufriedenstellen und der wahre Grund, der Vertrag mit der Zürich-Versicherung, offenbarte sich den interessierten Branchenkennern bald.
Bereits bescheidene 11 Jahren später hat die Schadensteuerung für unsere Branche eine Dimension erreicht, welche die wirtschaftliche Existenz unserer Betriebe ernsthaft gefährdet. Nun frage ich mich: Was unternimmt unser Branchenverband dagegen? Im Jahr 2008 hat sich der grösste Branchenverband, der AGVS (Autogewerbeverband der Schweiz), entschlossen, Massnahmen gegen die Schadensteuerung zu ergreifen. Freundlicherweise lud der AGVS auch unseren Verband, den VSCI, zu den Arbeitsmeetings ein, um gemeinsam gegen die Schadensteuerung anzutreten. Dafür möchte ich den Verantwortlichen des AGVS herzlich danken, denn es mangelte zumindest ihnen in keiner Weise am Verantwortungsbewusstsein für das Automobilgewerbe.
Der VSCI nahm an allen Meetings teil, an welchen Massnahmen diskutiert und eine umfassende, professionelle Broschüre erarbeitet wurde. Nicht zu glauben: Der VSCI hat sich mit fadenscheinigen Ausreden aus dem Projektteam abgemeldet, als es galt, die Massnahmen zu verabschieden und umzusetzen. Pikanterweise waren der ehemalige, Bruno Claus, und der neue Zentralpräsident, Hanspeter Schneider, damals noch in der Funktion des Vize-Präsidenten, die beiden Vertreter des VSCI.
Was war urplötzlich passiert, dass die beiden Vertreter des VSCI eine solche Kehrtwende vornahmen? Nach meinen Informationen lag diesem Entscheid nicht einmal ein Beschluss des Zentralvorstands zu Grunde – zumindest sei keiner im Protokoll ersichtlich gewesen. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass seitens der Verantwortlichen die Wichtigkeit dieses Themas – unabsichtlich oder absichtlich sei dahingestellt – übersehen und es daher nicht protokolliert wurde.
Fakt ist, dass unser jetziger VSCI-Zentralpräsident, Hanspeter Schneider im Zeitraum der Verhandlungen mit dem AGVS einen «Help-Point»-Vertrag abgeschlossen hat. Aha – jetzt können wir alle nachvollziehen, wie der Sinneswandel der Verbandsspitze zustande kam. Ob die Schadensteuerung etwas mit der Verbandsarbeit zu tun hat, muss nun jeder selber entscheiden. Jedenfalls finde ich die Angelegenheit absolut peinlich und unentschuldbar. Dieser Hanspeter Schneider wurde gemäss Pressemitteilung des VSCI einstimmig gewählt – hier muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass weniger als 50 Stimmberechtigte an der GV anwesend waren; im Vorjahr waren es doch über 120. Daher ist es wohl sehr fraglich, ob der neue Zentralpräsident wirklich der Wunschkandidat der Mitglieder war und in der Basis auch den entsprechenden Rückhalt haben wird. Die miese Beteiligung an der GV lässt andere Gedanken zu. Jedes Mitglied hätte an die GV nach Flims gehen können, doch einerseits ist Flims eindeutig nicht zentral gelegen und andererseits war die Lokalwahl im Parkhotel Flims bestimmt nicht adäquat für unsere Branche – auch  in Anbetracht der aktuellen wirtschaftliche Lage nicht. Doch wie so oft, wollte sich der Abtretende noch ein kleines Denkmal setzen.
Vor 11 Jahren musste der damalige Zentralpräsident zurücktreten, weil er einen Vertrag mit der «Zurich» (neue Schreibweise ohne ü) hatte. Der jetzige frische Zurich-Partner wurde einstimmig zum neuen Zentralpräsidenten gewählt. Wie rasch sich die Welt doch ändert!
Ich, ein enttäuschtes VSCI-Mitglied, komme zum Schluss, dass unser Verband definitiv keine Zukunft und keine Berechtigung auf unsere jährlichen Verbandsbeiträge mehr hat. Nicht der Meinung der Mehrheit respektive des Verbandes wird Rechnung getragen, sondern Nichtvertreter unserer Brancheninteressen boxen ihre Standpunkte klammheimlich durch. Diesem Übel muss an die Wurzeln gegangen werden – stellt sich nur noch die Frage, wie diesem Elend ein würdiges Ende gesetzt werden kann.
Thomas Hauser, Geschäftsführer Jakob Hauser AG, 4800 Zofingen


www.hauser-ag.ch

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