«Commitment vom Händlernetz»
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Ford hat im September 2012 an einem einzigen Event alle neuen Modelle bis 2015 und mit viel Optimismus eine Neuauflage und Erweiterung des gesamten Sortiments präsentiert. Doch der Hersteller hatte danach mit sinkenden Verkäufen und Lieferproblemen wegen eines Streiks im belgischen Werk zu kämpfen. Roelant de Waard, Vice President Marketing, Sales & Services, zeigt sich im Gespräch mit uns weiter optimistisch. Und nimmt Stellung zu der Rolle der Schweiz als Allradland und Fords Plänen mit dem Händlernetz.
Roelant de Waard (Bild: md)
Interview: Manuela Diethelm
Seit September hat Ford den B-Max, Transit sowie Tourneo Custom, Fiesta und Kuga neu lanciert, später in diesem Jahr folgen Transit Connect und EcoSport. Das entspricht 40 Prozent der Modellpalette, die bereits überarbeitet wurde. Wie sind die neuen Modelle in Europa gestartet?
Roelant de Waard: Es ist im Moment eine sehr aufregende Zeit für Ford. Der Markt ist für alle zurückgegangen und wir müssen uns anpassen. Das ist die Realität heute, doch es gibt auch eine Zukunft. Europa wird nach unserer Prognose ein Kraftwerk im globalen Kontext bleiben. Gemeinsam mit dem erweiterten europäischen Gebiet mit Russland sowie der Türkei wird Europa weiterhin 25 Prozent der globalen Industrie ausmachen. Und hier werden wir investieren, mit einem für die Kunden aufregenden Produkteplan. Alle unsere neuen Produkte verkaufen sich über unseren Erwartungen. Besonders der Kuga, obwohl wir ihn in gewissen Märkten noch nicht einmal beworben haben. Dieses Jahr werden wir etwa 100'000 Einheiten zusätzlich produzieren. Transit und Tourneo Custom bilden für uns ein neues und vervollständigendes Segment und wurden sehr gut aufgenommen. Vom alten Tourneo haben wir jährlich 1500 Einheiten verkauft, von der neuen Familie werden es schrittweise 100'000 Verkäufe sein.
Die Zahlen sprachen Anfang Jahr eine andere Sprache. Zudem wurde im Ford-Werk im belgischen Genk gestreikt, was zu Lieferverzögerungen geführt hat.
Wir sind erst am Ende der Übergangsphase zum neuen Portfolio, hatten einen schwierigen Dezember und Jahresbeginn, weil wir die Produkte auslaufen liessen. Im Werk in Belgien werden Mondeo, S-Max und Galaxy produziert. Die Produktion läuft jetzt wieder normal. Diese beiden Probleme haben einen Durchhänger bewirkt, das stimmt. Doch ich betrachte das grosse Ganze: Wir können unsere neuen Produkte produzieren, das steht ausser Frage.
Mit über 46 Prozent rückläufigen Neuzulassungen im Januar war der Start ins Jahr 2013 für Ford auch in der Schweiz eher ernüchternd. Trotz massiver Marketinginvestitionen. Wie ist Ihre Meinung hierzu?
In der Schweiz gab es einen weiteren strategischen Vorstoss: die Preisanpassung «The right move». Die Situation mit extremen Rabatten war so ausser Kontrolle, dass Kunden kaum mehr wussten, welcher Preis gerade gilt. Also senkten wir die Listenpreise, wodurch vonseiten der Kunden ein Umdenken stattfinden musste. Diese waren sich zahlreiche Rabatte gewöhnt, die nun zu einem grossen Teil wegfielen, und haben teilweise nicht zwingend realisiert, dass wir die Preise generell gesenkt haben. Doch es war ein richtiger Schritt und der Fakt, dass der Volkswagen-Konzern uns gefolgt ist, unterstreicht diese Schlussfolgerung.
Die Statistik gibt Ihnen recht, Fords Marktanteile steigen in der Schweiz wieder. Was sind Ihre Prognosen für dieses Jahr?
Wir sind wohl etwas optimistischer als die Wirtschaft, natürlich auch aufgrund unserer neuen Produkte. 330'000 Einheiten (inkl. Nutzfahrzeuge) ist unsere Prognose, denn ich sehe nicht, wieso der Schweizer Markt zurückgehen sollte. Die Schweiz hat eine sehr solide Wirtschaft. Wechselkurse kann ich nicht vorhersagen, aber ich werde auch nicht darauf spekulieren, dass sich alles in eine negative Richtung entwickelt.
Welche Rolle spielt die Schweiz in Fords Strategie?
Die Schweiz erinnert uns immer wieder daran, dass wir ein Allrad-Line-up brauchen. Neben dem Kuga wird es in Zukunft mehr 4x4-Fahrzeuge geben. Zurzeit kann ich nur verraten, dass der neue Mondeo Allradantrieb haben wird. Also: Wir hören hin. Ausserdem finden unsere wettbewerbsfähigen, treibstoffsparenden neuen Benzinmotoren in der Schweiz grossen Zuspruch. Und natürlich sind auch leistungsstarke Motoren nachgefragt. Die Schweiz macht gemeinsam mit UK und Deutschland 80 Prozent des Volumens unserer ST-Palette aus.
Dann dürfte der Mustang ein Versprechen und kein Teaser gewesen sein?
Natürlich! Wir haben es der Welt und uns selbst versprochen. Wir können nicht mehr zurück und ich will auch nicht mehr zurück. Der Mustang ist eine wichtige Botschaft, dass Ford ein Full-Range-Hersteller ist. Von sehr praktisch zu sehr emotional.
Welche Herausforderungen stellen sich dem Schweizer Händlernetz?
Ich argumentiere aus einer gesamteuropäischen Perspektive. In einer Phase, in der wir unser Produktportfolio völlig erneuern, ist natürlich auch der Einsatz der Händler gefordert. Nehmen Sie nur den Bereich Nutzfahrzeuge, den wir so stark vergrössern. Hinzu kommt die zunehmend bedeutsame Onlinepräsenz. Die Kunden erwarten keine Antwort in 24 Stunden mehr, sondern in 24 Minuten. Also werden wir mit unseren Händlern arbeiten, um Online-Potenzial und -Ansprechbarkeit zu erhöhen.
Das klingt nach einigem Investment seitens der Händler.
Wir fordern Commitment, dafür bringen wir neue Produkte und eine breite Segmentabdeckung, was weitere Einnahmequellen bedeutet. Also bleibt es ein interessantes Geschäft.
Welche Rolle spielt die Kundenzufriedenheit hier?
Wir haben gelernt, dass Kundenzufriedenheit bei der Zufriedenheit des Händlers und seiner Angestellten beginnt. Wir stehen in konstantem Dialog mit den Händlern und diskutieren, wie sie sich organisieren und wie ihre Mitarbeiter informiert sind. Unser Ziel als Unternehmen ist es, diese Reihenfolge einzuhalten. Wir haben durchschnittlich die stärkste Händlerzufriedenheitsrate in Europa unter den Volumenherstellern und ein enges Verhältnis zu unseren Händlern. Wir haben gute Produkte, doch die Kunden erfahren sie nur über eine gute Händlerorganisation.
Dabei wird der Markt ja nicht grösser.
Wir müssen für unsere Händler sicherstellen, dass die Fahrzeuge, die wir verkaufen, in den Kanälen Einzelhandel und Flotte verkauft werden. Hier kann der Händler Werte schöpfen und Geld verdienen. Mit unserer neuen Produktepalette wollen wir auch vermehrt Flottenkunden ansprechen. So wird das Volumen steigen und auch die Qualität des Marktanteils.