20.10.2011

Hohe Euro-Rabatte belasten den Occasionsmarkt

Mitten in der europäischen Wirtschafts- und Finanzkrise wurden in der Schweiz sowie im Fürstentum Liechtenstein im September 2011 18,6 % mehr Neuwagen verkauft als ein Jahr zuvor! Für die ersten neun Monate stieg damit das durchschnittliche Absatzplus auf 7,5 % (232'738 PW; + 16'249 PW), weshalb die Schallgrenze von 300'000 Neuwagen bis Ende Jahr wohl erreicht werden wird. Im Vergleich dazu ist der Nachfragetrend auf dem Occasionsmarkt rückläufig, wie die Marktanalysten von EurotaxGlass's berechnet haben. Aufgrund der hohen Euro-Rabatte sanken Neuwagenpreise teils auf das Preisniveau junger Gebrauchter, was dazu führte, dass die Handänderungen im dritten Quartal um 2,1 % sanken und parallel dazu die durchschnittliche Standzeit einer Occasion auf 99 Tage (+ 3 Tage) anstieg. Von Januar bis September des laufenden Jahres beträgt das Plus der verkauften Gebrauchtwagen noch 3,6 % (595'650 PW; + 20'535 PW).

Hohe Euro-Rabatte belasten den Occasionsmarkt

Aktuell sieht sich die Schweizerische Automobilbranche mit einmaligen Rahmenbedingungen konfrontiert: So trifft die massive Aufwertung des Schweizer Frankens im Verhältnis zu den Produzentenwährungen Euro und Dollar auf eine im europäischen Vergleich markant höhere Beschäftigungsquote, auf ein deutlich höheres Lohnniveau, auf eine gegen Null tendierende Inflation sowie auf eine auffällig gestiegene Bereitschaft breiter Bevölkerungskreise, trotz hoher Kaufkraft ebenfalls ein Euro-Schnäppchen im grenznahen Ausland zu erstehen. Als Konsequenz stiegen die Direktimporte auf gegen 10 % aller neu immatrikulierten Fahrzeuge und die kumulierten (Euro-)Rabatte aller in der Schweiz verkauften Neuwagen auf rund 20 % - vereinzelt sogar mehr!

 

Bis zur historischen Intervention der Schweizerischen Nationalbank vom 6. September 2011 und der damit verbundenen Festlegung eines Mindestkurses des Schweizer Frankens zum Euro mussten vor allem deutsche und englische Premiummarken unter der Frankenstärke leiden; zwischen 6 und 30 % betrug in diesem Segment der Anteil der Neuwagen, welchen den Weg am offiziellen Handel vorbei in die Schweiz fanden. Augenscheinlicher Beweggrund: Je teurer ein Fahrzeug, desto grösser die währungsbedingte Ersparnis! Die ebenfalls hohen Parallelimporte von günstigen asiatischen Mittelklasse- und Kleinwagen lassen sich mit dem Wechselkurs allerdings nicht erklären. Die teilweise dennoch beträchtlichen Preisunterschiede ergaben sich vielmehr aufgrund aggressiver Preisstrategien in vor allem nordeuropäischen Märkten, was bei einzelnen Marken zu Parallelimport-Quoten von bis zu 41 % führte!

 

Es ist ökonomisch nachvollziehbar, dass hohe Rabatte auf importierten sowie auf inländischen Neuwagenangeboten jüngst auch zur Verdrängung von Occasionskäufen führten. Die Kalkulation marktfähiger Gebrauchtwagenpreise kann sich dieser Entwicklung nicht entziehen, weshalb junge Occasionen seit Jahresbeginn rund 10 % an Wert verloren haben – ältere etwas weniger. Für Dr. Peter Ballé, Geschäftsführer von EurotaxGlass's Schweiz, bergen die gestiegenen Direktimporte allerdings ein erhebliches Risikopotenzial: «Es geht in Zeiten wie diesen leicht vergessen, dass vermeintlich günstige Import-Fahrzeuge bei unterschiedlicher Ausstattung und Garantieleistung einen 10 bis 15 % tieferen Widerverkaufswert aufweisen, als ihr schweizerisches Pendant».

 

Ungeachtet der aktuellen Nachfrageschwäche auf dem Occasionsmarkt beträgt das Volumen der seit Jahresbeginn verkauften Gebrauchtwagen nach wie vor das Zweieinhalbfache dessen, was an Neuwagen nachgefragt wurde. Je nach Marke ist der Occasionshandel sogar noch gewichtiger: So wurden beispielsweise von Opel mehr als viermal so viele Gebrauchte verkauft, wie im gleichen Zeitraum Neuwagen immatrikuliert wurden. Bei Fiat beträgt dieser Faktor knapp vier, bei Audi, BMW und Mercedes gerundet je drei. Bei Dacia sieht die Situation komplett anders aus: Die rumänische Billig-Tochter von Renault verkaufte von Januar bis September 2001 nämlich viermal mehr Neuwagen als Occasionen, was angesichts des bescheidenen Marktanteils von 1,8 % allerdings noch (lange) nicht für die Top-10-Markenstatistik reicht!

 

Der Rückgang der Handänderungen um 2,1 % im dritten Quartal führte im gleichen Zeitraum zu einem Anstieg der durchschnittlichen Standzeit einer PW-Occasion von 96 auf 99 Tage. Nicht alle Fahrzeugsegmente sind von dieser Entwicklung im gleichen Ausmass betroffen. Während Fahrzeuge der Microklasse (107 Tage; + 9,2 %), Kleinwagen (96 Tage; + 7,9 %) sowie Vertreter der Unteren Mittelklasse (98 Tage; + 6,5 %) im Vorjahresvergleich sowie in allen Regionen länger auf einen neuen Besitzer warten mussten, erfreuten sich Fahrzeuge der Luxusklasse (126 Tage; - 6 %) in der Nordost- und Zentralschweiz sowie in der Romandie einer markant höheren Nachfrage. Gesamtschweizerisch stieg die Standzeit über alle Fahrzeugsegmente von Januar bis September 2011 um einen Tag auf durchschnittlich 98 Tage – am meisten Standtage legten in diesem Zeitraum Fahrzeuge der Micro- und Kleinwagenklasse sowie der Unteren Mittelklasse zu.

 

Rang

Neuwagen 2011

Marktanteil

Gebrauchtwagen 2011

Marktanteil

1

Volkswagen (1)

12,7 %

Volkswagen (1)

13,1 %

2

Renault (2)

5,8 %

Opel (2)

8,6 %

3

Audi (4)

5,8 %

Audi (3)

6,6 %

4

Ford (3)

5,7 %

Renault (4)

6,1 %

5

Skoda (9)

5,5 %

BMW (5)

6,1 %

6

BMW (6)

5,3 %

Mercedes (7)

5,4 %

7

Opel (5)

5,1 %

Peugeot (6)

5,3 %

8

Peugeot (7)

4,8 %

Ford (8)

4,7 %

9

Mercedes (11)

4,4 %

Fiat (9)

4,4 %

10

Citroën (8)

4,1 %

Toyota (10)

4,3 %

 

www.eurotaxglass.ch

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