29.03.2011

«Wir stehen jetzt auf Augenhöhe mit der Konkurrenz»

Seit Februar dieses Jahres bietet die ESA – die Einkaufsorganisation des Schweizerischen Auto- und Motorfahrzeuggewerbes – ein umfassendes Angebot an Service- und Verschleissteilen. Im Interview mit AUTO&Wirtschaft spricht CEO Charles Blättler über die Entwicklung dieses erweiterten Geschäftsbereichs und wie die ESA die riesige Winterreifennachfrage im Oktober ­gemeistert hat. Im Anschluss präsentieren wir Ihnen eine Übersicht der wichtigsten Ersatzteil-Anbieter in der Schweiz mit dem Fokus auf deren Online-Angebot.

«Wir stehen jetzt  auf Augenhöhe mit  der Konkurrenz»

«Die Reifen-Nachfrage in der 2. Hälfte vom Oktober übertraf alles, was wir in der ESA-Geschichte gekannt haben.»

Mit Charles Blättler sprach Lukas Hasselberg

A&W: Seit Februar 2010 bietet die ESA ihren Genossenschaftern neu ein umfassendes Sortiment an Service- und Verschleissteilen an. Wie hat sich dieses neue Angebot für Garagisten entwickelt?

Charles Blättler: Ausgezeichnet. Unsere Kunden schätzen die neue, einzigartige Vielfalt und die Möglichkeit, aus verschiedenen Preis- und Markenkategorien auszuwählen. Zudem haben wir ja nicht nur ein neues, umfassendes Sortiment und einen neuen, auf den CH-Markt abgestimmten Teilesuchkatalog – übrigens den meistverwendeten in Europa –, sondern auch unsere Lager für Service- und Verschleissteile an jedem ESA-Standort massivst ausgebaut. Dass wir hinsichtlich der Preisstellung sehr transparent auftreten und unseren Kunden im Marktvergleich äus­serst günstige Preise anbieten, trägt sicherlich ebenfalls zum Erfolg bei. Nachdem wir zu Beginn als neuer «Challenger» aufgetreten sind, stehen wir jetzt auf Augenhöhe mit der Konkurrenz. Bei der Markenvielfalt treten wir zudem als Pionier auf: Der Garagist kann je nach Kundenbedarf ein Markenprodukt oder ein günstigeres Qualitätsprodukt aus einer Zweitlinie bestellen. 

Wie viele der ESA-Genossenschafter nutzen das Vollsortiment an Service- und Verschleiss­teilen?

Ohne hier genaue Zahlen preisgeben zu wollen, darf ich sagen, dass es bereits sehr viele sind – mehr als wir nach dieser kurzen Zeit erwarten durften. Das kontinuierliche Wachstum ist zum einen sicherlich den vorher genannten Argumenten, zum anderen aber sicher auch der Treue unsere Mitinhaber zu verdanken. Einmal mehr zeigt sich, dass die Idee der «Selbsthilfeorganisation» – das ist ja der Grundgedanke der ESA – sich für die Garagisten bezahlt macht. An dieser Stelle gilt unser Dank all den Kunden und Partnern, welche dieses einzigartige Modell möglich machen. Seit der ESA-Gründung vor 80 Jahren lautet das Ziel, unseren Genossenschaftern die besten Preise bieten zu können. Über das gesamte Service- und Verschleissteile-Sortiment gesehen, sind wir daher deutlich günstiger als die Wettbewerber.

War dieser neue Geschäftszweig eine logistische Herausforderung? Mussten Lagerkapazitäten und das Lieferantennetzwerk ausgebaut werden?


Der Ausbau der Lagerkapazitäten ist nicht primär wegen des Einstiegs in diesen Teilemarkt erfolgt, sondern zur Sicherstellung einer hohen Sofortverfügbarkeit generell. Aber im Bereich der Ausliefertouren mussten natürlich Anpassungen vorgenommen werden, denn das Geschäft mit Service- und Verschleissteilen ist wesentlich zeitkritischer als jenes mit Reifen oder gar Investitionsgütern. Aber selbstverständlich profitieren die Kunden in allen Produktbereichen von einer schnelleren Lieferfrequenz von zwei bis drei Anlieferungen täglich. Bezüglich der Lieferanten haben wir ja im Sinne unserer Kunden die Kooperation mit einem internationalen Anbieter gesucht, denn im zunehmend internationalisierten Marktumfeld sollen unsere Kunden über Ihre ESA Zugang zu den besten Anbietern Europas haben und von deren Know-how, Einkaufsmacht und Angebotsvielfalt profitieren.

Mit 65‘000 sofort verfügbaren Artikeln und 500‘000 kurzfristig lieferbaren Produkten: Wer steht als Partner hinter diesem riesigen Sortiment?


Die Firma Stahlgruber aus Poing, nahe München. Dieses Unternehmen ist in mehreren Ländern Europas tätig und darf sicherlich als eines der Führenden im Bereich Service- und Verschleissteile bezeichnet werden. Uns hat einerseits die Professionalität und Zuverlässigkeit und andererseits die immense Entwicklungskraft dieser Firma überzeugt.


Ist ein Ausbau des sofort verfügbaren Sortiments geplant?


Der Ausbau wird laufend vorgenommen. So haben wir seit dem Start mit dem neuen Sortiment im Februar dieses Jahres bereits fast 1000 weitere Artikel ans Lager genommen, weil wir den Bedarf seitens unserer Kunden erkannt haben. Dies wird sich in diesem Sinne natürlich weiter entwickeln. Zudem werden wir ganze Sortimente, welche heute noch nicht bei uns am Lager liegen, an jedem Standort bevorraten. Aber allzuviel möchte ich hierzu noch nicht preisgeben.

Werden die speziellen wöchentlichen 10%-Tage, an denen der Garagist auf alle Artikel 10 Prozent Rabatt erhält, stark genutzt?


Absolut. Die Kunden schätzen die Möglichkeit, den Teilebedarf ein wenig zu planen und damit ordentlich Geld zu sparen.

Da viele ESA-Genossenschafter Inhaber von Markengaragen sind: Konkurrenzieren Sie mit Ihrem Ersatzteileangebot nicht die Originalteile- Ersatzteilenetzwerke der Importeure?


Keineswegs. Wir verstehen uns als optimale Ergänzung dazu. Unser Angebot richtet sich im Sinne eines Vollsortiments an freie Garagen und nur im Sinne der Sortimentsergänzung an die Markenbetriebe. Diese Ergänzung ist notwendig, da für Fremdmarkenfahrzeuge und Occasionsaufbereitungen auch Teile benötigt werden, welche bis anhin beim Wettbewerb gekauft wurden. Wir schliessen diese Lücke im Sinne unserer Mitinhaber, ohne dabei die Originalteile-Netzwerke direkt zu konkurrenzieren. So machen wir beispielsweise auch keine markenspezifischen Bevorratungsaktionen. Im Gegenteil – wir raten den Markengaragen, die Ersatzteile so weit als möglich bei ihrem Importeur einzukaufen. Wenn dieser Vertriebsweg aber nicht verfügbar ist oder es sich um ein Fremdmarkenteil handelt, steht die ESA als Alternative bereit, damit diese Teile bei der eigenen Einkaufsorganisation beschafft werden können. Etwas mehr als die Hälfte des Schweizer Ersatzteilmarktes sind Originalersatzteile der Importeure und deren Vertriebsnetze – das soll auch so bleiben. Die restlichen gut 40% des Marktes sind in den Händen der freien Teileanbieter. Dieser freie Markt bietet uns genügend Potential, um unsere Wachstumsziele zu erreichen.

Kommen wir zum Reifengeschäft: Die Panikmache des Schweizer Fernsehens bezüglich des «Wintereinbruchs» Ende Oktober hat das Winterreifengeschäft lanciert. Wie hat die ESA diese Herausforderung in dieser «heissen Woche» vom 18. bis 22. Oktober gemeistert?


Es war bestimmt positiv, dass die Automobilisten von den Medien auf die möglichen Probleme bei der Reifenverfügbarkeit aufmerksam gemacht worden sind. Sicher mussten einzelne Aussagen aber relativiert werden.
Die Nachfrage in der 2. Hälfte Oktober übertraf alles, was wir in der ESA Geschichte gekannt haben: am 18. und 19. Oktober haben wir 1 ½-mal den Reifenumsatz des ganzen Februars realisiert! Die Woche 42 ergab ca. ¾  des Resultats des ganzen Aprils, dem drittbesten Monat des Jahres!! 
Es war eine riesige Herausforderung für alle Mitarbeitenden der ESA – insbesondere natürlich für jene in den Logistikbereichen und in den ESA-Geschäftsstellen. Sie haben im Interesse unserer Kunden eine immense Leistung erbracht, welche ich an dieser Stelle nochmals – sicher auch im Namen der vielen zufriedenen Kunden – herzlichst verdanke. Und trotzdem: aufgrund dieses immensen Volumens konnte es in einigen wenigen Fällen vorkommen, dass einzelne Lieferungen nicht klappten oder zu spät eintrafen. Bei den betroffenen Kunden entschuldigen wir uns in aller Form und bitten hinsichtlich dieser Ausnahmesituation um Verständnis.
Dass wir schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt grosse Mengen eingelagert haben, hat uns geholfen die riesige Nachfrage dieser Oktobertage zu befriedigen. Auch haben wir spezielle Anreize für unsere Kunden geschaffen, schon früh einige Reifen einzukaufen. Diejenigen Kunden, die so gehandelt haben, konnten sicher gute Geschäfte tätigen.

Einige Reifenhersteller und Importeure ­haben massive Lieferengpässe bei bestimmten Dimensionen. Wie schätzen Sie die Lage generell ein?


Wir haben früher und in grösseren Mengen bestellt als in anderen Jahren. Wir haben zwar nicht alles erhalten, konnten aber mit einer guten Bestückung unserer Lager in die Saison starten. Ja, gewisse Dimensionen erwiesen sich schnell als problematisch, oft hatten wir noch Ware, die aber sehr schnell aufgebraucht wurde. Und bei Nachbestellungen kann die Industrie oft nicht mehr liefern. Ein Grund für die zum Teil mangelhafte Verfügbarkeit ist sicher die hohe OE-Nachfrage durch die steigenden Neufahrzeug-Zulassungen. Dadurch werden die Kapazitäten auf Sommerreifen ausgerichtet und das Winterreifengeschäft, das ja nur in wenigen Ländern einen hohen Stellenwert hat, vernachlässigt.
Für den ESA TECAR Reifen, der ja im TCS Test als sehr empfehlenswert eingestuft wurde, haben wir ein speziell grosses Lager angelegt und unser Lieferant hat einen speziellen Effort geleistet, was zu einem extremen Zuwachs bei diesem bereits seit Jahrzehnten sehr beliebten Produkt führt.

Kann die ESA die Nachfrage ihrer Kunden befriedigen?


Da wir alle namhaften Marken aus der Erstausrüstung führen und zusätzlich natürlich noch den Garagistenreifen ESA TECAR im Programm haben, können wir unseren Kunden in den meisten Fällen eine gute Alternative anbieten. So erhält der Kunde vielleicht nicht die Marke, die er ursprünglich wollte, aber einen gleichwertigen Reifen bzw. einen Reifen aus dem gleichen Leistungs- bzw. Preissegment. Zudem haben wir trotz des Booms im Oktober und trotz der unterdurchschnittlichen Verfügbarkeit der Reifenindustrie immer noch einen grossen Lagerbestand an Winterreifen – wir sprechen hier über Stückzahlen im sechsstelligen Bereich. Bei ganz wenigen Dimensionen ist aber der ganze Markt ausgetrocknet und die Reifen sind kaum mehr erhältlich. Hier suchen wir für unsere Kunden nach Lösungen auf dem internationalen Beschaffungsmarkt – aber es kann sein, dass auch wir nichts mehr organisieren können. Aber wie gesagt – das sind wenige Ausnahmen. Insgesamt gesehen können wir also die Nachfrage sehr gut befriedigen.

Das Thema KFZ-GVO bzw. KFZ-Bekanntmachung ist derzeit sehr aktuell. Wie stehen Sie zur Aufhebung der KFZ-GVO für den Autovertrieb im EU-Raum?


Die freie Marktwirtschaft sollte auch in Zukunft spielen und es ist allen gedient, wenn die Garagisten als Unternehmer, im Sinne der freien Wirtschaft, im Einvernehmen mit den Importeuren, selber wählen können, ob sie eine oder mehrere Marken führen wollen.

Würden Sie einen «Schweizer Weg» mit der KFZ-Bekanntmachung oder eine Angleichung an die EU befürworten?


Nach unserem Verständnis verlieren die Garagisten in der EU bei der Abschaffung der KFZ-Bekanntmachung das Recht auf Mehrmarkenvertrieb, das Recht auf Niederlassungsfreiheit und das Recht auf eine begründete Vertragsauflösung innert zwei Jahren. Es ist eher unwahrscheinlich, dass in der Schweiz, die ja nicht zur EU gehört, dies eins zu eins umgesetzt wird. und wir teilen hier die Sichtweise des AGVS, dass das Gewerbe zum erfolgreichen Fortbestehen möglichst gros­se Freiheiten haben und nicht abhängig von einem Hersteller sein soll. Es geht ja darum, dass die Schweizer Garagisten zumindest genügend Zeit haben, ihre auf Mehrmarkenbetriebe ausgerichteten Investitionen abzuschreiben und zu rentabilisieren.

Trotz schwierigem Umfeld konnte die ESA an der GV im Mai eine positive Entwicklung im Krisenjahr 2009 vermelden. Können Sie schon etwas zum ablaufenden 2010 sagen?


Insgesamt gesehen haben wir 2009 zum fünften Mal in Folge ein Rekordergebnis erzielt. Zum heutigen Zeitpunkt steht die ESA sehr gut da. Alle Bereiche entwickeln sich ausgezeichnet.

Welche Geschäftszweige entwickeln sich besonders gut?


Neben Service- und Verschleissteilen und Reifen ragen sicherlich der Bereich Carrosserie – sowohl im Verbrauchs- wie auch im Investitionsgüterbereich mit einer Zunahme des Auftragsbestandes gegenüber 2009 um gegen 70% – und der Bereich Retail heraus. Unter Retail verstehen wir ja Geschäfte mit Tankstellen- und Grossflächenmärkten.

Die ESA weist traditionell bei den Jahreszahlen einen sehr geringen Gewinn aus. Wie erklären Sie das?


Die ESA wurde als «Selbsthilfeorganisation» gegründet mit dem Ziel, die besten Bedingungen und Möglichkeiten für ihre Mitglieder zu schaffen. Das wird nicht nur durch unser Logo «Meine ESA» und unseren Leitspruch «Zusammen sind wir stark» deutlich, sondern auch durch die Tatsache, dass wir unsere Unternehmensgewinne wieder direkt unseren Kunden zukommen lassen. Mehrheitlich geschieht dies in Form von günstigen Einkaufspreisen bei Produkten oder im Sinne von Dienstleistungen, welche unseren Mitinhabern Zukunftschancen bieten. Ich denke hier an Schulungen, Präsentationshilfen, Events, Marketingunterstützungen oder Investitionen in die Berufsbildung. Unser oberstes Ziel ist es, dass unsere Mitglieder auch in Zukunft erfolgreich in diesem Markt tätig sind – denn wenn es den Garagisten gut geht, geht es auch der ESA gut. Aber Sie können versichert sein, dass die ESA top-gesund finanziert ist und genug Reserven vorweisen kann, zum Beispiel für interessante Übernahmen oder andere Zukunftsopportunitäten.

Wie schätzen Sie das kommende Jahr generell für den Schweizer Aftermarket und im speziellen für die ESA ein
?


Grundsätzlich sind wir aufgrund der Rahmenbedingungen sehr optimistisch. So gehen wir davon aus, das die Schweizerinnen und Schweizer ungefähr im gleichen Masse mit dem Auto fahren wie in diesem Jahr. Der Fahrzeugpark ist etwas älter als auch schon, was für unsere Kunden Chancen hinsichtlich Werkstattauslastung wie auch für Neuwagenverkäufe bringt. Für die ESA selbst sind wir deshalb ebenfalls sehr zuversichtlich. Zudem haben wir natürlich schon einiges an Innovationen und Überraschungen für unsere Kunden vorbereitet. Das wird uns sicher helfen weiter zu wachsen.

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