Oldtimerwissen braucht ein Netzwerk
Posted by: Unknown author
Oldtimerwissen dokumentieren, junge Fachkräfte einbeziehen und das Verbandsnetzwerk besser nutzen: Diese Ansätze für den Wissenstransfer wurden am diesjährigen Workshop der Interessengemeinschaft Fahrzeugrestauratoren Schweiz (IgFS) diskutiert, ebenso die Möglichkeiten von «Reverse Engineering» und «3-D-Druck» im Restaurationsalltag.
V.l. :Edy Schorno, Frederic Landert und Nicolai Jäggi vermittelten am IgFS-Workshop Anregungen zum 3-D-Druck, zum «Reverse Engineering» und zum Wissenstransfer. Foto: Martin Sinzig
Wie kann über Jahrzehnte hinweg erarbeitetes Wissen genutzt und weitergegeben werden? Der Frage des Wissenstransfers in der Oldtimerbranche ist Nicolai Jäggi in seiner Bachelorarbeit an der Berner Fachhochschule Wirtschaft nachgegangen. Am jüngsten Workshop der IgFS am 11. November in Baden präsentierte der frischgebackene Betriebsökonom seine Erkenntnisse.
«Wissensidentifikation, Wissensentwicklung und Wissenstransfer sind für die Branche von zentraler Bedeutung», hielt Jäggi vor rund 80 Vertreterinnen und Vertretern der Branche fest. Relevant seien vor allem implizites Wissen und Erfahrungen, da dieses Erfahrungswissen meist essenziell für den Fortbestand der Unternehmungen sei.
Eine Podiumsrunde von IgFS-Mitgliedern und Betriebsinhabern bestätigte die hohe Bedeutung der Dokumentation und des Wissenstransfers. Junge Fachkräfte sollen sich getrauen, nachzufragen, sich engagieren und das Netzwerk nutzen, betonte Simon Jau, ein Fahrzeugrestaurator, der vor kurzem einen Oldtimerbetrieb in Spiez übernommen hat.
Ältere Betriebsinhaber, die ihre Garagen weitergeben wollten, müssten den Boden für den Nachwuchs vorbereiten, machte Heini Schneebeli, Porscherestaurator aus Klingnau AG, deutlich. Für eine vernünftige Zeitachse plädierte IgFS-Präsident und Garageninhaber Christian Ackermann aus Dotzigen BE. Wichtig seien das Feuer für die Branche und Spezialisten, die den Krug mit ihrem Wissen ausschütten wollen.
Das Wissen gelte es nicht nur im Oldtimer-, sondern vermehrt auch im Youngtimer-Sektor zu erfassen und zu dokumentieren, ergänzte Patrice Walter, Betriebsinhaber aus Bachenbülach ZH und in der IgFS verantwortlich für die deutsche Schweiz. Vor allem sollten Garagisten lernen, den Nachwuchs stärker einzubeziehen und den Lead abzugeben.
Schliesslich sei im Verband der IgFS enormes Wissen vorhanden. Diese Stärke hätten viele noch nicht richtig erkannt. Die Möglichkeiten, untereinander Wissen zu teilen, müssten ausgedehnt werden. «Das ist es, was uns weiterbringt», appellierte Walter.
Praktische Erfahrungen und Möglichkeiten bei der Ersatzteilkonstruktion und -fertigung waren ein zweiter Schwerpunkt des IgFS-Workshops. Der Maschinenbauingenieur Frederic Landert aus Wald ZH, der über Erfahrungen im Motorsport- und Weltraumbereich verfügt, zeigte die Schritte beim «Reverse Engineering»-Prozess auf, um mittels Scan-Techniken und CAD Bauteile zu rekonstruieren.
Wie der 3-D-Druck (additive Fertigung) im Oldtimersektor angewandt werden kann, schilderte Edy Schorno, der in seinem Betrieb in Küssnacht am Rigi LU seit 1990 historische Fahrzeuge betreut. Die Palette reiche vom Prototyping bis zum 3-D-Druck mit verschiedenen Metallen. In kleinen Stückzahlen sei fast alles möglich, von Kleinteilen bis zu ganzen Motoren. Den Lampenhalter für einen Bugatti, Türfallen für einen Aston Martin oder einen kompletten Weber-Vergaser präsentierte Schorno als konkrete Arbeiten. «Wir stehen erst am Beginn der Möglichkeiten». (pd/mb)