Interview mit der zweitbesten Carrosserielackiererin der Welt
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Lara Kaufmann gewann an den WorldSkills 2024 im vergangenen September in Lyon sensationell die Silbermedaille bei den Carrosserielackierern. Axalta und die André Koch AG sowie das Reparaturnetzwerk Repanet Suisse sind sehr stolz auf diese Leistung und interviewten die junge Frau für ihr Online-Kundenmagazin «Paint&Passion». Hier ein Auszug daraus.
Woher kommt eigentlich deine Motivation deine Fähigkeiten im Bereich Carrosserielackierung im Wettbewerb zu messen? Bist du ein «Showgirl»?
Lara Kaufmann: Ich bin eigentlich gar nicht gerne im Rampenlicht, jedoch war ich für die ganzen Meisterschaften bestens vorbereitet durch meine Arbeit bei der Bartlome AG. Ich konnte davon profitieren, dass wir im Alltag oft sehr viel Arbeit haben und ich dadurch schon früh schnelle und gleichzeitig qualitativ hochwertige Arbeit leisten musste. Ich bin schon bei den Regionalmeisterschaften, aber dann auch an die SwissSkills und auch an die WorldSkills ohne grossen Druck an mich selbst angetreten und habe mir gesagt: Es reicht für das, wo es reicht. Und es hätte nicht besser sein können. Für mich war zudem immer ein Hauptgrund andere Menschen damit zu erreichen und zu zeigen, wie cool mein Beruf ist.
Wer oder was hat dich dazu bewogen an die WorldSkills zu gehen und hat sich die Vorbereitung darauf sehr zu den Regional-Meisterschaften oder den SwissSkills unterschieden?
Einerseits bekam ich immer sehr gute Unterstützung von meinem Lehrbetrieb, der das Ganze befürwortet, aber auch ich selbst wollte meinen Beruf vertreten und anderen zeigen, dass der Beruf sehr toll ist und hoffe auch, dass ich mehr junge Menschen erreichen kann, so dass sie sich für diesen Beruf entscheiden. Es war für mich auch eine extreme Bereicherung an Wissen und tollen Menschen, die ich kennenlernen durfte. Die Vorbereitungen waren total anders, weil ich ein komplettes Trainer Team hinter mir hatte, die mir ihr Know-how mitgegeben haben und ich sowohl fachlich wie auch persönlich wachsen durfte.
Inwiefern hat dein Ausbildungs- und Repanet Suisse Partnerbetrieb, die Carrosserie Bartlome AG, dich in Bezug auf die Vorbereitung der WorldSkills 2024 unterstützt?
Die Unterstützung von meinem Betrieb und meinem Chef Fritz, meinem Experten und gleichzeitig Trainer, Pascal Lehmann, meiner Mentaltrainerin und anderen Menschen in meinem Umfeld war extrem wichtig. Ohne die wäre das alles gar nicht möglich gewesen. Alle haben alles gegeben damit, ich bestens vorbereitet an die WorldSkills gehen konnte. Auch war gut, dass mir Daniel Meier das Lackmaterial von Glasurit näher gebracht hat, weil ich normalerweise gewohnt bin mit Standox zu arbeiten. Alle haben dafür gesorgt, dass ich mich voll und ganz auf das Training konzentriere und mich auf das ungewohnte Material einlasse. Und schön war, dass alles rund um die WorldSkills herum so toll organisiert wurde und mir praktisch alle Hindernisse aus dem Weg geräumt wurden.
Was war für dich die heftigste Aufgabe an den WorldSkills 2024 und wie hast du diese Herausforderung gemeistert?
Die anspruchsvollste Aufgabe war einerseits das Tür-Modul, die vier Stunden dauerte und die Dekorarbeit (die Spiegelschale), wofür ich drei Stunden Zeit hatte. Dabei war ich unter extremen Zeitdruck und hatte extrem viel zu tun. Hier war Genauigkeit und auch Perfektion gefragt. Ich denke ich konnte diese beiden Aufgaben souverän lösen, indem ich immer ruhig geblieben bin und mich an meinen Plan gehalten habe. Ich habe bezüglich der Tür im Voraus mit meinem Techniker von der Schweiz, Daniel Meier, abgeklärt, was die Farben für ein Deckverhalten haben, und er konnte mir super helfen, so dass ich bestens für diese Aufgabe vorbereitet war.
Auf welche Aufgabe hast du dich fast schon gefreut, weil sie dir grundsätzlich liegt und leicht fällt?
Das waren ebenfalls die beiden anspruchsvollsten Aufgaben, also das Tür-Modul und die Dekorarbeit, einfach weil ich wusste, dass hier auch meine Stärken liegen. Ich weiss, wie mit Zeitdruck umzugehen und ich gleichzeitig Perfektion zeigen kann. Es waren auch Aufgaben, die wir intensiv trainiert haben und ich wusste, dass ich gut vorbereitet bin, um diese Aufgaben auch zu meistern.
Wie hast du die Nachmittage und Abende nach den Wettkampfzeiten verbracht? Wie kamst du wieder zu neuer Energie?
Ich habe die Zeit mit den anderen Kandidaten aus dem Schweizer Nationalteam verbracht, also mich zum Beispiel mit dem Landschaftsgärtner oder dem Koch unterhalten. Jeder Teilnehmer hat von seinem Tag erzählt und was vielleicht auch nicht so gut gelaufen ist. Ich habe gerne meine Mitstreiter beruhigt und wir haben uns einfach gegenseitig Energie gespendet und uns berichtet, was am nächsten Tag auf einen zukommt. Den Fokus auf das Nächste zu lenken, anstatt am Vergangenen hängenzubleiben ist wichtig. Es war immer schön mit Gleichgesinnten zu reden und so den Zusammenhalt zu spüren.
Lara, bist du eigentlich dein grösster Kritiker?
Ja. Ich sehe definitiv mehr die Fehler von mir als das, was ich super gemacht habe. Der Experte sagte dann am Abend immer zu mir «Wer weiss, ob es überhaupt gesehen und auch bewertet wurde».
Lara, du hast in deinen jungen Jahren schon so viele, intensive Berufserfahrungen gesammelt wie kaum jemand. Was liebst du am meisten an deinem Beruf, auch jenseits von Meisterschaften, und warum?
Am meisten liebe ich natürlich das Lackieren und auch das Arbeiten mit Farbe und wenn ich mal kreativ arbeiten kann. Zudem ist jeder Schadenfall oder jedes Auto anders und das bringt somit Abwechslung in den Berufsalltag. Ich mache sehr gerne grosse Projekte, wo ich mich richtig in meine Arbeit vertiefen kann.
Hast du denn eine Lieblingsfarbe?
Nein. Ich arbeite tagtäglich mit so vielen Farben, die schön sind… Wenn ich unbedingt aussuchen müsste, dann wäre es wohl ein Blau oder Grün.
Sind dir auch Schattenseiten am Beruf aufgefallen? Falls ja, wie kann man diesen begegnen?
Es gibt manchmal Arbeiten, die nicht so schön oder auch nicht cool sind zu machen, für mich jetzt das Auto «röstele» (vom Rost befreien), aber die positiven Arbeiten im Alltag überwiegen klar.
Und nun fragen sich bestimmt alle, was wird Lara als Nächstes tun? Hast du noch weitere ambitionierte Ziele, z. B. den Berufsmeister noch zu machen, oder wie malst du dir deine Zukunft für die nächsten Jahre aus?
Auf jeden Fall erst einmal weiterhin in meinem Ausbildungsbetrieb weiterarbeiten. Und ich werde bei den kommenden Regionalmeisterschaften im nächsten Jahr, bei allen vieren, Trainingsleiterin und in Bern dann auch bewerten. Auch werde ich mich sicher bei den Schweizermeisterschaften weiterhin engagieren und für die Vorbereitung der Kandidaten mit meinem Know-how zur Verfügung stehen. An den SwissSkills werde ich auch bewerten und mich generell dafür einsetzen, dass die Bewerbe weiterhin stattfinden. Gerne unterstütze ich auch den nächsten Kandidaten dann für die WorldSkills. Ich fände es einfach schön, wenn es jedes Mal an den WorldSkills auch wieder einen Schweizer oder eine Schweizerin aus unserem Berufsfeld dabei hat. Und was dann später noch kommt, ist noch nicht klar.
Das ganze Interview gibt es hier nachzulesen!